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Katechesen
2000/2001
5. Jahresreihe - 8. Katechese, 00.03.01
Auferstehung Jesu
Auferstehung der Toten |
Auferstehung Jesu -
Auferstehung der Toten
"Er ist wahrhaft auferstanden!" (Lk 24,34).
Auferstehung Jesu - Auferstehung der Toten
Christ ist erstanden von der Marter alle. Des solln wir alle froh sein, Christ
will unser Trost sein. Kyrieleis. / Wär er nicht erstanden, so wär die Welt
vergangen. Seit dass er erstanden ist, so freut sich alles, was da ist.
Kyrieleis. / Halleluja, Halleluja, Halleluja. Des solln wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.
I.
"Christos vaskresje", "Christus ist auferstanden", so grüßen die Orthodoxen,
die Russen sich in der ganzen Osterzeit, und sie antworten darauf: "Voistinu
vaskresje", "Er ist wahrhaft auferstanden." - Er ist wahrhaft auferstanden.
Unsere blasierte Gesellschaft sagt: Na und? And so what? Was hat sich schon
geändert? Was bedeutet das schon? Ein Mirakel, so wie es viele
außerordentliche Ereignisse gibt?
Der römische Statthalter Festus, der zweite Nachfolger des Pontius Pilatus als
Statthalter Roms in Palästina, sagt zum König Agrippa betreffend diesen
Paulus, der da gefangen ist in Cäsarea, den sein Vorgänger Felix ihm da
zurückgelassen hat und mit dem er nicht recht weiß, was er machen soll, es
gehe da um "Streitfragen ... die ihre Religion [also die jüdische Religion]
betreffen und einen gewissen Jesus, der gestorben ist und von dem Paulus
behauptet, dass er lebe". Und Festus fügt hinzu: "Da ich mich auf derlei
Untersuchungen nicht verstanden habe", habe ich ihn dir vorgeführt, in der
Hoffnung, dass du dich da besser auskennst (Apg 25,19-20). Ein Paulus sagt
also von einem gewissen Jesus, der gestorben ist - das ist evident für ihn,
für den gebildeten römischen Statthalter, dieser Jesus ist gestorben, wir
haben ihn in Jerusalem kreuzigen lassen, mein Vor-Vorgänger Pontius Pilatus -
Paulus behauptet von ihm, dass er lebe.
Ja, da gibt es also Leute, die sagen, dass er auferstanden ist, dass er lebe.
Sein Grab soll leer gewesen sein und er habe sich einigen Leuten gezeigt. Aber
was tut's? Es gibt viele seltsame Phänomene in der Welt, über die man eine
Zeit lang spricht, dann vergisst man sie wieder. Die Welt geht weiter, sie
dreht sich weiter, die Ereignisse bleiben im Grunde dieselben.
Das höchste Fest der Christen ist offensichtlich für unsere heutige
Gesellschaft, für unsere Fun-Gesellschaft zum Gegenstand des Spottes geworden,
freigegeben für jegliches Gespött. So wurde am Gründonnerstag im
österreichischen Fernsehen, das im übrigen ein gar nicht so schlechtes
Osterprogramm hatte, ein Kabarett ausgestrahlt, in dem man sich in für unsere
Empfindung sehr zynischer Weise über das Christentum, über Christus, über
unsren Glauben lustig gemacht hat. Das Fernsehen Wien, das Privatfernsehen hat
dem einen besonderen Höhepunkt hinzugefügt, indem am Karfreitag Abend ein
Pornofilm gezeigt wurde. Und die beiden Zeitgeistmagazine News und Profil -
ich nenne sie auf die Gefahr hin, hier geklagt zu werden, eigentlich müssten
sie geklagt werden - haben ausgerechnet in der Karwoche Karikaturen gebracht,
die wirklich aus der untersten Schublade der Religionsverhöhnung waren. Man
kann sich nicht vorstellen, dass ähnliches in Österreich zum Ramadan geschehe
oder zum Yom Kippur.
Was bedeutet dieses Banalisieren des Osterfestes hin zum Osterhasen auf der
einen Seite und auf der andern Seite der Spott über den christlichen Glauben,
der so offen vorgetragen wird? Schon in Athen war man ratlos mit der Botschaft
von der Auferstehung. Als Paulus am Areopag sich bemüht hat den Athenern die
Botschaft Jesu nahe zu bringen, zuerst einmal überhaupt über den Schöpfer und
dann von einem von Gott beglaubigten Mann, Jesus von Nazareth, den Gott von
den Toten auferweckt hat, sprach, da wollten die Athener ihm nicht länger
zuhören. Einige spotteten direkt, andere sagten etwas höflicher: "Darüber
wollen wir dich ein anderes Mal hören" (Apg 17,19-34, Zitat: 32).
II.
Aber, ganz ehrlich die Frage an uns, an unsere Kirche heute, wie wir leben, an
unser Kirchendasein, Christendasein: Was würde sich ändern, wenn das Grab
nicht leer gewesen wäre? Es gibt genügend Bibelwissenschaftler, die das auch
für eher belanglos halten. Es könnte durchaus der christliche Glaube
weiter bestehen, auch wenn das Grab in Jerusalem nicht leer gewesen wäre. So
wird immer wieder gesagt, und es ist weit verbreitet diese Ansicht, bis hinein
in manche Religionsstunden. Was macht es eigentlich aus, dass das so wichtig
ist, dass er nun wirklich, leiblich auferstanden ist, dass das Grab wirklich
leer ist, dass er nicht nur einfach in der Erinnerung fortlebt, sondern dass
dieses "Er ist wahrhaft auferstanden" der Kern unserer Botschaft ist? Und wenn
er das ist, was ändert das an unserm Leben?
Sind wir nicht in unserer heutigen Kirchensituation wie die Emmausjünger, die
enttäuscht von Jerusalem zurückgehen in ihr Heimatdorf Emmaus? Man hat ihnen
zwar allerlei erzählt. Man hat berichtet, dass die Frauen das Grab leer
gefunden haben, auch seien einige von ihnen hingegangen und hätten es
tatsächlich so gefunden, aber ihn hätten sie nicht gesehen. So waren sie
enttäuscht, als sie da nach Emmaus gingen. Sie hielten das für Geschwätz, was
die Frauen berichtet hatten. Seit zweihundert Jahren hat die historische
Kritik vor allem aber die aus der Aufklärung kommende Weltanschauung uns
einreden wollen, dass das ganze mit den Auferstehungserscheinungen Suggestion
ist. So etwa kann man die Theorie auch heute lesen: Die Jünger hatten
natürlich ein schlechtes Gewissen. Sie waren feig gewesen, sie sind
davongelaufen, sie haben ihren Meister verraten und sozusagen unter dem Druck
des schlechten Gewissens hätte sich ihre Phantasie entzündet und sie hätten in
einem Versuch, sich aus dieser Situation zu retten, erfunden, er muss doch
weiterleben, seine Sache muss doch weitergehen, es kann doch nicht einfach
alles aus sein. Freilich tut man sich dann etwas schwer, wenn man eine
Nachricht wie die des Paulus ernst nimmt, dass er auch fünfhundert Jüngern auf
einmal erschienen sei. Hatten sie Massenhalluzinationen? Aber es bleibt dabei,
dass die Aufklärung und die Zeit seit praktisch zweihundert Jahren uns in
immer neuen Formen einredet, dass das alles fromme Einbildung ist. Und leider
sitzt dieser Zweifel tief auch in unserem Milieu, in unserer Verkündigung, in
unserer Theologie, bis hinein in den Religionsunterricht.
Tatsächlich ist es nicht ganz einfach. Wenn man sich die Evangelientexte
anschaut, sie nebeneinander stellt, gibt es auf den ersten Blick manche
Widersprüche. Wie erklärt man, dass beim Evangelisten Lukas sich alles in
Jerusalem abspielt, während Matthäus und Johannes die Erscheinungen vor allem
nach Galiläa verlegen? Und so wird aus diesen zumindestens scheinbaren
Widersprüchen von manchen geschlossen, dass es eben keine historische Wahrheit
dahinter gibt sondern eher eine symbolische. Das müsse man alles symbolisch
verstehen. Die Sache Jesu geht weiter, wir haben ihn nicht vergessen, wir
denken weiter an ihn und bemühen uns, seine Anliegen weiter zu treiben. Aber
kann es das wirklich sein?
Natürlich könnten wir uns jetzt bemühen, uns die Evangelienberichte im
einzelnen anzusehen und zu schauen, wie weit sie historisch glaubwürdig sind.
Da lässt sich viel zeigen. Ich bin überzeugt davon, dass die
Evangelienberichte über die Auferstehung Jesu, über die Erscheinungen des
Auferstandenen den Charakter glaubwürdiger Berichte tragen und nicht
halluzinatorische Phantasien von erhitzten Gemütern sind. Aber ich möchte treu
unserer katechetischen Methode hier einen anderen Weg gehen. Es geht ja vor
allem um den katechetischen Weg, es soll eine Katechese sein. In einer
Katechese soll das geschehen, was mit den Emmausjüngern auf ihrem Weg
geschehen ist, dass das Herz zu brennen beginnt. Am Ende ihres Weges, als
Jesus ihnen das Brot brach und dann ihren Augen sich entzog, so hieß es,
machten sie sich auf und sagten: "Brannte nicht unser Herz, als er uns
unterwegs die Schrift erschloss?" (Lk 24,32). Wir haben einen guten
Katecheten, Jesus selber ist mit uns auf dem Weg und er erschließt uns, was
die Schrift über ihn sagt. Er ist der Katechet, der mit uns geht in unserm
Leben und auch heute Abend. Er ist der Katechet, der dem Thomas, dem
zweifelnden sagt: "Leg deine Hand in meine Seite und sieh meine Wunden und sei
nicht ungläubig sondern gläubig" (Joh 20,27). Jesus öffnet uns den Sinn und
die Ohren und das Herz, damit es zu brennen beginnt. Und wie damals schon
Jesus den Unglauben der Jünger getadelt hat, so tadelt er ihn auch heute: "Er
tadelte ihren Unglauben" (Mk 16,14). Warum seid ihr so begriffstutzig? Warum
ist euer Herz so schwer, es zu begreifen? Er möchte also heute Abend auch uns
führen, und wir wollen uns von ihm führen lassen.
III.
An die Auferstehung zu glauben, das ist ja nicht irgendetwas Isoliertes,
sondern das heißt zuerst einmal an IHN glauben, an IHN, den der Vater uns
gesandt hat, glauben an Jesus Christus, IHM glauben und an das glauben, was er
uns gezeigt hat, den Weg, den er uns geführt hat. Die Auferstehung Jesu ist ja
nicht ein wissenschaftliches Datum, das man neutral untersucht und berichtet,
wie man eine physikalische oder chemische Untersuchung macht. Die Auferstehung
Jesu ist der Höhepunkt eines Weges und auf diesem Weg sind wir selber mit
dabei oder eingeladen, mitzugehen. Auf dem Weg nach Emmaus spricht Jesus mit
ihnen. Sie erkennen ihn noch nicht, sie wissen noch nicht, das ER es ist,
dieser Fremde, der mit ihnen ein Stück des Weges geht, der ihnen zuhört, sie
fragt: Was seid ihr so traurig? Worüber redet ihr auf dem Weg?(Lk 24,17), und
der dann zu ihnen sagt: "Musste der Messias nicht das alles leiden und so in
seine Herrlichkeit gelangen?" - "Musste der Messias nicht das alles leiden?
... So legt er ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der
ganzen Schrift über ihn geschrieben steht" (Lk 24,26-27). Leider hatten die
Apostel, die beiden Jünger ein Tonband vergessen. - Ich hoffe, heute hat man
es hier nicht vergessen. Es wäre viel wichtiger gewesen, es bei Jesus dabei zu
haben als heute Abend bei der Katechese. Leider hatte man kein Tonband dabei.
Wir wissen nicht, was er ihnen auf dem Weg gesagt hat. Es war die wichtigste
katechetische Stunde der Menschheitsgeschichte. Was hat er ihnen wohl auf dem
Weg gesagt? Sie haben es auch nicht aufgeschrieben, sie haben kein Protokoll
gemacht. So wie die ersten beiden, die Jesus nachgegangen waren, damals bei
Johannes am Jordan, wo Jesus sich umgedreht hatte und gesagt hat: "Was sucht
ihr? - Meister, wo wohnst du? - Kommt und seht! Und sie gingen mit ihm und
blieben diesen Tag bei ihm" (Joh 1,38-39). Auch sie haben leider nicht
aufgeschrieben, was er ihnen gesagt hat. Das erste Gespräch mit Jesus, und
hier das erste Gespräch des Auferstandenen. Was hat er ihnen wohl auf diesem
Weg nach Emmaus gesagt? Was hat er ihnen gesagt in den vierzig Tagen vor
seiner Auffahrt zum Vater?
Es heißt nur, dass er sie vom Reich Gottes unterrichtet hat und hier heißt es:
"Ausgehend von Mose und allen Propheten legte er ihnen dar, was in der ganzen
Schrift über ihn geschrieben steht." Wir haben also keine Tonbandaufnahme,
aber wir haben eine Tradition, die von Jesus herkommt. Zweifellos haben die
Jünger sich an das erinnert, was er ihnen gesagt hat. Es hat sich ihnen
eingeprägt und sie haben es weitergesagt. Wenn es auch nicht aufgeschrieben
ist, so ist es doch eingegangen in das Leben der Kirche. Jahr für Jahr feiert
die Kirche den Emmausweg, wo Jesus uns die Schrift erschließt und zeigt, was
alles über ihn gesagt wurde.
IV.
Bis heute tut die Kirche das, was Jesus auf dem Weg nach Emmaus getan hat in
der Osternacht zum Beispiel. Die Osternacht kommt, so glaube ich können wir
sagen, direkt von dem her, was Jesus damals in den Tagen nach Ostern, nach
seiner Auferstehung den Jüngern erklärt hat. Wenn wir in die große Feier der
Osternacht eintreten, dann ist es, als würde Jesus uns begleiten wie die
Emmausjünger und uns die Schrift erschließen. So lade ich Sie ein, ein wenig
die Osternacht nachzugehen und zu schauen, wie uns da der Sinn der
Auferstehung erschlossen wird.
Die Osternacht begann mit der Kerze. Wir kamen herein in den dunklen Dom und
es brannte nur die Osterkerze. "Christus, das Licht" wurde dreimal gesungen.
Dieses Licht hat sich verbreitet. Dann hat der Diakon hier vorne das Lob der
Osterkerze, des Osterlichtes gesungen, hat Christus als das Licht, das im
Finstern leuchtet, gepriesen. "Diese Nacht wird hell wie der Tag", hat es
geheißen in der Osternacht, "sie entreißt uns dem Dunkel der Sünde" (Osterlob
- Exultet). Und in diesem Licht der Osterkerze hat dann ein langer
Gottesdienst der Lesungen begonnen, sieben Lesungen aus dem Alten Testament
und zwei aus dem Neuen Testament. Und dieser lange Weg, drei Lesungen aus den
Büchern des Mose und vier aus den Propheten, sind genau das, was Jesus auf dem
Weg nach Emmaus getan hat: Er erschloss ihnen die Schrift und zeigte ihnen,
warum der Messias leiden musste, warum es das Kreuz gegeben hat und warum am
Schluss die Auferstehung steht. Wir müssten jetzt die ganze Osternacht
durchgehen, das würde sehr lange dauern. Aber ein wenig möchte ich darauf
hinweisen, wie die Osternacht eigentlich die Fortsetzung des Emmausweges ist
und warum wir dann mit solcher Freude das Halleluja singen, wenn wir dem
Auferstandenen begegnen.
V.
Es beginnt mit drei Lesungen aus den Büchern Mose, dem ersten Kapitel der
Genesis (Gen 1,1-2,2), dem zweiundzwanzigsten Kapitel (Gen 22,1-18) und dann
Exodus Kapitel vierzehn (Ex 14,15-15,1). Ich freue mich, dass der Leser der
ersten Lesung heute da ist, Prof. Pekny, der schon einige Jahre immer wieder
in der Osternacht uns so wunderbar die Worte des ersten Kapitels, der ersten
Seite der Bibel zu Gehör bringt: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" (Gen
1,1). Unser Glaube an die Auferstehung ist nicht der Glaube an irgendein
Mirakel, sondern es ist zuerst der Glaube an den Schöpfer des Himmels und der
Erde, der Glaube an den Gott, der alles erschaffen hat. G. K. Chesterton, der
englische katholische Schriftsteller, hat mit seinem bissigen Humor einmal
gesagt: "Seit die Menschen nicht mehr an Gott glauben, glauben sie nicht etwa
an nichts mehr, sondern an alles." Wenn man nicht mehr an Gott den Schöpfer
glaubt, dann glaubt man an alles x-Beliebige, dann glaubt man an Steine und
alles mögliche Esoterische, an Horoskope, dann glaubt man an das Schicksal,
dann glaubt man eben alles, statt das eine zu glauben, an Gott den Schöpfer
des Himmels und der Erde.
Wenn wir glauben, dass Jesus auferstanden ist, dann hören wir das Wort, das er
auf dem Berg in Galiläa gesagt hat, wahrscheinlich am Berg der
Seligpreisungen, dieses Wort, das so gewaltig ist und das wir nur im Glauben
wirklich annehmen können - wenn wir denken, dass ein Mensch das gesprochen
hat, wenn er nur Mensch wäre, wäre es Wahnsinn! - da sagt Jesus: "Mir ist alle
Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Geht daher zu allen Völkern und
verkündet ihnen das Evangelium und macht alle Menschen zu meinen Jüngern.
Lehrt sie alles halten, was ich euch gesagt habe, und tauft sie im Namen des
Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Siehe, ich bin bei euch alle
Tage bis ans Ende der Welt" (Mt 28,18-20). Wenn wir nicht glauben, dass Gott
der Schöpfer des Himmels und der Erde ist, dass alles seine Schöpfung ist,
dass alles sein Eigentum ist, dass alles in seiner Hand ist, dann ist ein
solches Wort Jesu völlig absurd. Ich habe dieses Wort zitiert in Teheran in
meinem Vortrag an der Mullah Sadr Universität, einer ganz islamistischen
Universität, um den Studenten und Professoren zu sagen, dass wir beide, der
Islam und das Christentum, einen absoluten Glauben haben. Ich habe ihnen
zitiert dieses Wort Jesu, das für uns Christen das Leitwort ist: "Mir ist alle
Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Daher geht zu allen Völkern, macht
alle Menschen zu meinen Jüngern." - Meine Begleiter haben das besser
beobachten können als ich. Sie haben gesagt, in diesem Moment sei ganz dichtes
Schweigen im Hörsaal gewesen. Ich habe dann hinzugefügt: "Und für Sie gilt,
dass der Koran die absolute Offenbarung ist, der Gotteswille, der allen
Menschen zugedacht ist."
Das ist unser Glaube: Christus ist auferstanden von den Toten. Das ist nicht
irgendein Mirakel, das passiert ist, sondern er ist der Sohn Gottes, von dem
Johannes sagt: "Alles ist durch ihn geworden und ohne ihn wurde nichts, was
geworden ist" (Joh 1,3). Paulus sagt: "Alles ist auf ihn hin geschaffen" (Kol
1,16), er ist wirklich die Mitte. VI.
Nun führt Jesus uns weiter in der Katechese, gewissermaßen der Emmauskatechese
der Osternacht. Ein großer Kontrast: Die Abrahamsgeschichte. Abraham, den Gott
herausgerufen hat und dem er verheißen hat: "Du wirst ein großes Volk werden
und durch dich werden alle Völker gesegnet sein" (Gen 13,16; 15,5; 22,16-17).
Nun verlangt Gott von diesem Abraham, er solle ihm seinen einzigen Sohn geben,
auf dem die ganze Verheißung ruht. Dieser eine Sohn, den soll er Gott geben,
auf ihm ruht die ganze Hoffnung Abrahams. Der hl. Paulus sagt dazu: "Ich habe
dich", sagt Gott zu Abraham, "zum Vater vieler Völker bestimmt. Er ist unser
aller Vater vor Gott, dem Abraham geglaubt hat, dem Gott, der die Toten
lebendig macht und das, was nicht ist, ins Dasein ruft. Gegen alle Hoffnung
hat er gehofft und geglaubt, dass er der Vater vieler Völker werden wird, nach
dem Wort: So zahlreich werden deine Nachkommen sein. Ohne im Glauben schwach
zu werden, war er, der fast Hundertjährige, sich bewusst, dass sein Leib und
auch Saras Mutterschoß erstorben waren. Er zweifelte nicht im Unglauben an der
Verheißung Gottes, sondern wurde stark im Glauben, und er erwies Gott Ehre" (Röm
4,17-20), das heißt, er war bereit seinen Sohn, den einzigen, auf dem die
ganze Verheißung ruhte, Gott zu opfern. Gegen alle Hoffnung hat er gehofft.
Paulus sagt uns gleich: "Weil er an den geglaubt hat, der alles aus dem nichts
geschaffen hat und der die Toten lebendig macht." Wenn wir nicht glauben, dass
Gott der Schöpfer ist, wie können wir dann glauben, dass es eine Auferstehung
gibt? Abraham hat den Gott-Schöpfer geglaubt und er hat geglaubt, dass er sein
Wort wahr machen kann.
Wie erschütternd ist das, wir hören es immer in der Osternacht, wenn das
vorgelesen wird, wie Abraham seinen Sohn opfern soll. Sie erinnern sich an die
Szene: Abraham geht mit seinem Sohn Isaak zu dem Berg, den Gott ihnen zeigt,
sie steigen den Berg hinan: "So gingen beide miteinander. Nach einer Weile
sagte Isaak zu seinem Vater Abraham: Vater! Er antwortete: Ja, mein Sohn! Dann
sagte Isaak: Hier ist Feuer und Holz. Wo aber ist das Lamm für das Brandopfer?
Abraham entgegnete: Gott wird sich das Opferlamm aussuchen, mein Sohn. Und
beide gingen miteinander weiter" (Gen 22,6-8). Wie erschütternd sind diese
Worte, wenn Isaak seinen Vater fragt, noch nicht wissend, dass er das Opfer
sein soll: "Gott wird sich das Lamm für das Brandopfer aussuchen, mein Sohn."
Wir können uns vorstellen, wie Jesus auf dem Weg nach Emmaus seinen Jüngern
diese Stelle erschlossen hat. Seit damals hören wir nicht auf, immer wieder
diese Geschichte zu hören und uns daran zu erinnern: "So sehr hat Gott die
Welt geliebt, dass er seinen eigenen Sohn für sie hingegeben hat" (Joh 3,16).
Als dann Gott zu Abraham spricht: "Weil du das getan hast und deinen einzigen
Sohn mir nicht vorenthalten hast, will ich dir Segen schenken in Fülle" (Gen
22,16-17). Und wieder hören wir, wie Jesus seinen Jüngern sagt, das was Paulus
uns dann weitergibt: "Wie sollte er, der seinen eigenen Sohn nicht verschont
hat, sondern ihn für uns hingegeben hat, uns in ihm nicht alles schenken?" (Röm
8,32) - Katechese auf dem Weg nach Emmaus.
Was uns in dieser zweiten Lesung in der Osternacht so bewegt ist, dass wir
hingeführt werden, warum der Messias das leiden musste, warum er das Lamm
Gottes ist, dass der Vater für uns geopfert hat. Der Vater hat ihn für uns
alle hingegeben und "er war gehorsam, gehorsam bis zum Tod", sagt Paulus,
"darum hat ihn Gott erhöht" - das heißt auferweckt - "gehorsam bis zum Tod"
(Phil 2,8-9). Abraham, der Gerechte, der Gott nichts vorenthalten hat, in ihm
sehen wir das Vorbild für Christus, der dem Vater nichts vorenthalten hat. Er
hat ihm alles gegeben, er war ihm ganz gehorsam. Jesus ist der Sohn, durch und
durch. Die kleine hl. Theresia sagt einmal: "Je ne t'ai jamais rien refusé à
Dieu." - "Ich habe nie Gott etwas verweigert." Das hat sie kurz vor ihrem Tod
gesagt. Man muss schon mutig sein, so etwas sagen zu können, aber sie konnte
es sagen: "Ich habe nie Gott etwas verweigert." Wie wunderbar, wenn ein Mensch
das sagen kann. Ist das nicht der Grund der Osterfreude, dass wir sagen
können: Er war gehorsam bis zum Schluss, bis zum letzten, ja bis zum Tod am
Kreuz, er war der treue Zeuge, so sehr, dass wir in ihm völlig unverstellt den
Vater sehen können. Jesus sagt einmal: "Wer mich sieht, sieht den Vater" (Joh
12,45). Es gibt keine Geste, keine Haltung, kein Wort Jesu, keinen Gedanken
Jesu, der Gott irgendwie verstellt. Wie oft verdunkeln wir das Bild Gottes
durch unser Verhalten! Jesus ist das vollkommene Bild des Vaters. Nie hat er
sich selber gewählt. Er hat, wie Paulus sagt, "nicht sich selber gelebt" (Röm
15,3). Das ist der Grund der Osterfreude, deshalb hat ihn Gott erhöht, das
heißt auferweckt, deshalb leuchtet er, deshalb leuchtet in ihm das Licht des
Vaters. Das setzt freilich voraus, diese Osterfreude, dass wir im Herzen die
Gewissheit tragen: es gibt nichts Schöneres und Glücklicheres als den Willen
des Vaters zu tun. Das ist wirklich Glück. Das ist wirklich Menschsein. Wenn
wir natürlich der Meinung sind, wir werden nur glückliche Menschen, wenn wir
uns möglichst auf uns selber konzentrieren, möglichst uns selber
verwirklichen, dann verstehen wir die Osterfreude nicht. Die Osterfreude ist:
Da hat Gott bestätigt, in der Auferweckung seines Sohnes, dass dieser wirklich
sein geliebter Sohn ist. "Du bist mein geliebter Sohn" sagt er bei der Taufe (Mt
3,17par). "Dieser ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören", sagt Gott
bei der Verklärung (Mt 17,5par). An ihm könnt ihr sehen, wie ich bin und wie
euer Weg aussehen soll. An ihm könnt ihr sehen, wie es aussieht, wirklich
Mensch zu sein und Mensch zu werden. "Je ne t'ai jamais rien refusé à Dieu",
sagt Thérèse, "Ich habe nie Gott etwas verweigert." Das ist nur möglich, weil
Jesus auferstanden ist und weil er seinen Geist in unser Herz gegeben hat.
Deshalb gibt es Menschen, die ohne zu lügen so etwas sagen können, deshalb
sind wir auf diesem Weg. Die Osterfreude, das heißt auch die Freude darüber,
dass es so viele Jünger Jesu gibt, in denen der Gehorsam Jesu dem Vater
gegenüber lebendig ist, in denen Abraham wirklich Nachkommen bekommt: "Deine
Nachkommen werden so zahlreich sein wie der Sand am Meer und die Sterne am
Himmel" (Gen 22,17). Die Nachkommen Abrahams, das sind die, die den Willen des
Vaters tun, die wie Jesus und mit Jesus und durch ihn den Willen des Vaters in
ihrem Leben aufnehmen. Dann werden sie ein fortlebender Christus, dann werden
sie Kirche. Kirche ist nichts anderes als der fortlebende Christus, sein
lebendiger Leib in der Welt, durch den die Auferstehung sichtbar, greifbar
wird. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück.
VII.
Unsern Emmausweg durch die Osternacht weiterzugehen, wir sind erst bei der
dritten Lesung, würde sehr lange dauern, wenn wir alle durch besprechen. Aber
etwas möchte ich über die dritte Lesung noch kurz sagen. Sicher hat Jesus
seinen Jüngern auf dem Emmausweg und in der Zeit nach Ostern den Sinn dieser
Geschichte erschlossen, die sie miteinander gelesen haben im Abendmahlsaal,
die Geschichte vom Auszug aus Ägypten, von der Rettung durch das Rote Meer.
Die dritte Lesung in der Osternacht, wie das Volk aus der verzweifelten
Situation, die Ägypter strömen heran mit ihrer ganzen Heeresmacht, gerettet
werden, sich das Meer auftut und sie trockenen Fußes durch das Meer ziehen
können. Damals wurde ein Volk gerettet. Seither, seit Jesus auferstanden ist
und den Taufbefehl gegeben hat: "Geht zu allen Völkern, macht alle Menschen zu
meinen Jüngern, tauft sie!" (Mt 28,19), seither ist das, was das eine Volk
erlebt hat in der Rettung durch das Rote Meer, unzählige Male geschehen durch
die Taufe. So heißt es in der Oration, in dem Gebet nach der dritten Lesung in
der Osternacht: "Gott, deine uralten Wunder leuchten noch in unseren Tagen.
Was einst dein mächtiger Arm an einem Volk getan hat, das tust du jetzt an
allen Völkern: Einst hast du Israel aus der Knechtschaft Pharaos befreit und
durch die Fluten des Roten Meeres geführt. Nun aber führst du alle Völker
durch das Wasser der Taufe zur Freiheit."
Wir müssten jetzt auch noch die Prophetenlesungen (Jes 54,5-14; 55,1-11; Bar
3,9-15.32-4,4; Ez 36,16-17a.18-28) uns anschauen, die alle davon sprechen, wie
Gott sein Volk herausführt aus der Knechtschaft, wie Gott einen neuen Bund
stiftet, wie seine Liebe treuer ist als alle Untreue seines Volkes. Aber eines
hat Jesus sicher seinen Jüngern erklärt, die große Lesung, die wir am
Karfreitag gehört haben, die die Kirche seit Ostern unentwegt, unentwegt
liest, weil sie so klar von Jesus spricht. Wir kennen sie alle, die große
Lesung aus dem Propheten Jesaja (Jes 52,13-53,12), wo Jesus ihnen gezeigt hat,
dass der Prophet von ihm spricht: "Als Gerechter wird mein Knecht die vielen
rechtfertigen und ihre Schuld auf sich laden. Darum gebe ich die vielen ihm
als Anteil, weil er sein Leben in den Tod gegeben hat und unter die Verbrecher
gerechnet wurde. Doch trug er die Sünden der vielen und trat für die
Verbrecher ein" (Jes 53,11-12). "Durch seine Wunden sind wir geheilt" (53,5).
Wenn wir dann in der Osternacht das Gloria und das Halleluja anstimmen, dann
ist dieser Weg Jesu, den er mit den Emmausjüngern gegangen ist, auch unser Weg
geworden: "Der Herr ist wahrhaft auferstanden" (Lk 24,34), ist deshalb auch
die erste Grußbotschaft, die die Emmausjünger in Jerusalem hören, als sie
zurückkehren. Sie brechen auf, gehen zurück nach Jerusalem und werden von den
Jüngern dort begrüßt: "Der Herr ist wahrhaft auferstanden, er ist dem Simon
erschienen."
VIII.
Was trägt der Osterglaube bei zu unserer Zeit? Hat sich wirklich etwas
verändert durch die Auferstehung Jesu? Sicher könnten wir ausgiebig darüber
sprechen, dass auch die historischen Befunde glaubwürdig sind. Ich nenne nur
drei Punkte: Erstens, ohne das leere Grab in Jerusalem hätte sich keinen Tag
lang die Botschaft halten können, dass Jesus auferstanden ist. Wenn man in
Jerusalem gezeigt hätte: Da ist ein Grab, da liegt er ja noch drin, dann
hätten die Jünger sicher nicht von der Auferstehung reden können. Zweitens,
die Erscheinungen waren sicher nicht nur Seelenbilder, Ein-Bildungen, sondern
leibliche Wahrnehmungen. Drittens, es hat sich etwas verändert bei den
Jüngern. Sie waren nicht mehr ängstlich. Sie haben sich nicht mehr
verschlossen, eingesperrt, sondern mit Mut sind sie aufgetreten, sie waren
wirklich zu seinen Zeugen geworden. Das ist vielleicht das stärkste Zeichen
der Auferstehung: Sie wurden Gemeinschaft seiner Zeugen.
Was heißt Auferstehungsglauben für uns heute? Was müssen wir als Christen
heute wieder lernen durch die Botschaft der Auferstehung? Dass wir wieder
Kirche werden in dem Sinn, wie die Jünger damals Kirche geworden sind, dass
der Auferstandene sie gesammelt hat, sie ihren Schrecken und ihre
Ängstlichkeit aber auch ihre Selbstbezogenheit abgelegt haben. Immer rügt der
Herr ihren Unglauben und immer weckt er ihren Glauben neu.
Ich möchte schließen mit Worten eines Theologen, die mich sehr beeindruckt
haben. Gerhard Lohfink hat ein Buch geschrieben, das den schönen Titel trägt:
Gottes Volksbegehren (Biblische Herausforderungen, Verlag Neue Stadt, München
1998, S. 83-85), das Volksbegehren Gottes. Darin stellt er die Frage: Woher
kommt der Unglaube heute, unser Unglaube an die Auferstehung?
"Er hat viele Gründe. Einer dieser Gründe ist mit Sicherheit der tief sitzende
Minderwertigkeitskomplex der Christen, denen seit der Aufklärung (also seit
200 Jahren) unablässig eingehämmert wird, das Christentum habe die Welt nicht
verändert ... Das Christentum soll die Welt nicht zum Bessern verändert
haben?", fragt er. Lassen sie mich jetzt zitieren, was er uns in Erinnerung
ruft: "Die Tatsache, dass die Bergpredigt formuliert wurde, soll die Welt
nicht verändert haben? Die frühchristlichen Gemeinden, die sich weigerten, den
römischen Kaiser als Gott zu verehren, und durch ihre Verweigerung die
Anmaßung jedes sich als Gott gebärdenden Staates entlarvten, sollen die Welt
nicht verändert haben, sollen die Welt nicht verändert haben? Die vielen
christlichen Märtyrer vom 1. Jahrhundert bis heute, die lieber starben, als
die Wahrheit ihres Glaubens aufzugeben und die auf diese Weise zeigten, dass
die Wahrheit stärker ist als die Gewalt, sollen die Welt nicht verändert
haben? All die Heiligen, die unbekannt mitten unter uns sind bis zu Franz von
Assisi oder Teresa von Avila, sollen mit ihrer Freude, den Willen Gottes zu
tun, die Welt nicht verändert haben? Alle die Klöster, die unser Land seit dem
frühen Mittelalter wie Sterne am Himmel überzogen - mit ihren Schulen, ihren
Apotheken, ihren Werkstätten, ihren Schreibstuben, mit ihrer Baukunst und
ihrer Landwirtschaft -, sie sollen die Welt nicht verändert haben? All die
Mütter, die Abend für Abend am Bett ihrer Kinder saßen, mit ihnen das
Abendgebet sprachen und den vergangenen Tag noch einmal mit den Augen des
Glaubens betrachteten, sollen die Welt nicht verändert haben? All die
Eheleute, die dem Trend der Zeit nicht nachgaben, sich nicht scheiden ließen,
sondern in Treue beieinander blieben und sich immer wieder miteinander
versöhnten, sollen die Welt nicht verändert haben? All die Ordensschwestern,
die an den Betten der Sterbenden die Nachtwache hielten, die Schwerkranken
wuschen und die Trauernden trösteten, sollen die Welt nicht verändert haben?
... Wir wissen ja gar nicht, wie die Welt heute aussähe, wenn der christliche
Glaube nicht da wäre ... Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen." -
So haben wir am Anfang gesungen. - "Ich bin überzeugt", sagt Gerhard Lohfink,
"dass in diesem Satz mehr Wahrheit steckt, als wir ahnen. Wäre Jesus nicht von
den Toten erstanden und hätte seine Auferstehung nicht eine stille aber
unablässige Revolution ausgelöst, sähe die Welt heute anders aus, ja, sie wäre
vielleicht schon längst zerstört."
"Seit dass er erstanden ist so freut sich alles was da ist" haben wir vorhin
gesungen. "Seit dass er erstanden ist so freut sich alles was da ist" auch wir.
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