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Katechesen
1999/2000
4. Jahresreihe - 1. Katechese, 12.09.99
Zeitenwende - Weltenende
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Zeitenwende - Weltenende
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Liebe Brüder und Schwestern, mit Freude begrüße ich Sie zu dieser ersten Katechese, die uns wieder in einen neuen Jahreszyklus und dieses Jahr in das Jubiläumsjahr begleiten soll, das große Jubiläum der Menschwerdung des Sohnes Gottes. Wie ich bereits am Endes des letzten Jahres angekündigt habe, möchte ich in diesen Katechesen akute, aktuelle Fragen des Glaubens, Fragen der Kirche aufgreifen, Fragen des Lebens heute aus der Sicht des Glaubens. Nicht unbedingt so genannte "heiße Eisen", die manchmal schon etwas abgekühlt sind, sondern wirklich die brennenden Fragen des Glaubens.
Ich möchte heuer etwas anders machen, so, dass die Katechese nur eine halbe Stunde dauert - das wird vielleicht etwas förderlicher sein für die Aufmerksamkeit, denn wenn sie 50 Minuten dauert, ist das manchmal etwas lang - und dann im zweiten Teil der Katechese auf Fragen eingehen. Ich würde darum bitten,
dass mir die Fragen schriftlich gegeben werden. Heute, da die Zeit dazu noch nicht gegeben war, werde ich auf einige Fragen eingehen, die mir über den Sommer zugekommen sind, nachdem ich in der letzten Katechese aufgerufen hatte, Fragen, Themen vorzuschlagen. Ich möchte ein wenig so das "Jahresmenü" vorstellen oder einige Themen, zumindest die, die ich im Laufe der Katechesen ansprechen möchte und dann auch die Bitte wiederholen: zögern Sie nicht Fragen, Themen anzusprechen, entweder indem Sie mir schreiben oder es in der Dompfarre deponieren, oder während der Katechese auch hier vorne Zettelchen herlegen, damit wir auf die Fragen und Themen im Laufe des Jahres eingehen können.
Ich möchte heute mit einer Frage beginnen, die viele Menschen bewegt, im Blick auf die Jahrtausendwende: Zeitenwende, Weltenende. Wie steht es mit unserem Glauben an das Ende der Welt? Stehen wir kurz davor oder wird es noch unendlich lange dauern? Wie sieht es eigentlich mit dem Ende der Welt aus? Wir haben jetzt 2000 Jahre seit Christi Geburt. Im Blick auf die Menschheitsgeschichte ist das ein ganz kurzer Moment! Zugleich aber erinnern wir uns daran,
dass in diesen Tagen unsere jüdischen Mitbürger Rosch-ha-Schana feiern, den Jahresbeginn: 5706 Jahre sind in der jüdischen Jahreszählung seit der Erschaffung der Welt vergangen.
Nun wissen wir natürlich, dass die Welt viel älter ist als 5706 Jahre, sie ist Milliarden Jahre alt, und wir wissen auch,
dass der Kosmos noch Milliarden Jahre bestehen wird. Wir wissen auch, dass die Menschheit viel älter ist, zehntausende, hunderttausende Jahre alt, und wir wissen nicht, wie viel noch an Geschichte der Menschheit vor uns liegt. Sind es Jahrhunderte, Jahrtausende, Jahrzehntausende an Menschheitsgeschichte? Wir wissen es nicht.
In der religiösen Welt des Buddhismus, wie sie mir in Sri Lanka begegnet ist, glaubt man an das große Rad der Wiederkehr. In endlos langen Zyklen kehrt immer wieder dasselbe zurück. Es ist ein großes Rad, das sich dreht, und in dem der Mensch ein Staubkörnchen ist. Wie ist es mit unserer Zeitrechnung? Lächeln wir nicht über die jüdische Zeitrechnung, die nach einer alten Zählweise sehr wörtlich von der Bibel ableitet, wie lange die Menschheitsgeschichte schon gedauert hat? Denn unser Glaube an die Wiederkunft Christi ist ja auch nicht sehr plausibel. Zu glauben,
dass in diesem Kosmos, der Milliarden Jahre alt ist und der noch Milliarden Jahre dauern wird, ein Weltenende kommen wird, dadurch,
dass jemand, der in Betlehem geboren ist und in Judäa, in Jerusalem gekreuzigt worden ist vor 2000 Jahren, wiederkehren soll,
dass dies das Ende der Welt sein soll? Ist das nicht sehr naiv? Ist das nicht eine Vorstellung, die mit einer Weltsicht der modernen Wissenschaften nicht vereinbar ist? Warten wir ehrlich auf die Wiederkunft Christi, wenn wir schon nicht glauben können, weil es einfach wissenschaftlich so nicht annehmbar ist,
dass Adam und Eva vor 5706 Jahren erschaffen wurden? Ist es dann plausibel, ist es dann verständlich, zu glauben,
dass Christus wiederkommen wird in Herrlichkeit, und mit seinem Kommen der Kosmos untergehen wird, und vielleicht, so wie wir hoffen, ein neuer Himmel und eine neue Erde entstehen werden? Die ersten Christen haben auf jeden Fall solche Hoffnungen gehabt. Können wir sie heute noch haben? Glauben wir wirklich an die Wiederkunft Christi, erwarten wir sie, erhoffen wir sie, wenn ja, in welcher Form? Das soll heute unser Thema sein.
Wenn wir zurückschauen an die Anfänge unsers Glaubens im Evangelium, so haben wir doch manchmal den Eindruck,
dass Jesus selber gewartet, erwartet hat, dass bald das Ende sein wird. Dass die Ereignisse, die er angekündigt hat, mit der Zerstörung Jerusalems, aber auch mit dem Ende der Welt, in seiner Vorstellung doch bald eintreffen sollten. Hat er sich getäuscht, haben die frühen Christen sich getäuscht? Haben sie sich einer Illusion hingegeben, gehofft
dass das Reich Gottes bald kommen wird, Christus bald wiederkehren wird? Statt dessen ist die Kirche gekommen, statt dessen hat man sich auf Erden eingerichtet, Dome gebaut, Institutionen geschaffen, Bischofsamt und Erzbischöfliche Ordinariate eingerichtet, alles das, was man nicht bräuchte, wenn Christus bald wiederkäme. Hat nicht Paulus gemeint, er werde es noch erleben,
dass Christus wiederkommt, dass wir ihm entgegengehen werden auf den Wolken des Himmels, so wie er es sich vorgestellt hat. Schon im zweiten Petrusbrief, also gegen Ende des 1. Jahrhunderts, ist von Spöttern die Rede, die da sagen: "Wo bleibt denn seine verheißene Ankunft? Seit die Väter entschlafen sind, ist alles geblieben, wie es seit Anfang der Schöpfung war" (2 Petr 3,4). Nichts hat sich geändert. Wenn wir ehrlich sind, was hat sich denn geändert? Ist nicht seit Christi Kommen Krieg und Unrecht, Krankheit und Übel genauso geblieben wie es vorher war? Paulus glaubte am Anfang noch, als er neu bekehrt war, so schreibt er es im ersten Thessalonicherbrief, er werde die Wiederkunft Christi überleben. Wenn er sagt: "Dann werden wir, die übrig geblieben sind, die noch nicht gestorben sind, wir" - er schließt sich mit ein - "die noch Lebenden, die noch übrig sind, zugleich mit ihnen, mit den schon Verstorbenen auf den Wolken in die Luft entrückt werden, dem Herrn entgegen (1 Thess 4,17)". (Eine sehr anmutige Vorstellung,
dass man auf den Wolken entrückt wird, dem Herrn entgegen!) Und dann sagt er: "Dann werden wir immer beim Herrn sein. Tröstet einander mit diesen Worten!" In den späteren Jahren scheint Paulus diese Hoffnung etwas geändert zu haben, immer noch ist es die Hoffnung, Christus entgegen zu gehen, aber es ist eine Hoffnung, die sich nicht mehr auf die Wiederkunft Christi richtet, sondern jetzt glaubt er doch, er selber wird auch sterben. Er wird es nicht mehr erleben,
dass Christus wiederkommt und so ist seine Hoffnung, wie er im Philipperbrief schreibt: "Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein - um wie viel besser wäre das! Aber euretwegen ist es notwendig,
dass ich am Leben bleibe ..." (Phil 1,23). Er möchte sterben, er möchte heimgehen zu Christus, aufbrechen, um bei ihm zu sein. Das hat er gemeint, mit seiner früheren Hoffnung: dann werden wir immer beim Herrn sein. Was Paulus weiter bewegt, seit er Christus begegnet ist auf dem Weg nach Damaskus, seit Jesus ihm gezeigt hat, das ist diese leidenschaftliche Sehnsucht, bei Christus zu sein, die Sehnsucht nach ihm. Wenn er zum Beispiel im 2. Korintherbrief sagt: "Jetzt sind wir fern vom Herrn in der Fremde, unser Leben auf Erden ist ein Exil, jetzt leben wir fern vom Herrn in der Fremde, solange wir in diesem Leib zu Hause sind. Wir ziehen es vor, aus diesem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein". Sehnsucht daheim beim Herrn zu sein (2 Kor 5,8):
Was steht hinter dieser Hoffnung auf die Wiederkunft Christi? Was bewegt die Christen, diese Hoffnung zu haben, sich auszustrecken nach "einem neuen Himmel und einer neuen Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt?" wie der zweite Petrusbrief sagt? Und die Frage, die wir uns stellen: Wie steht es mit unserer Hoffnung, haben wir diese Hoffnung, bewegt sie die Christen heute? Was war das für eine Vorstellung von dem neuen Himmel und der neuen Erde? Ist es einfach die Vorstellung,
dass die Welt in einer Art großen Katastrophe untergehen wird? Es scheint so zu sein, der 2. Petrusbrief beschreibt das, und es gibt viele Stellen im Alten und im Neuen Testament, die ähnlich lauten. Im 2. Petrusbrief heißt es: "Der Tag des Herrn wird aber kommen wie ein Dieb. Dann wird der Himmel prasselnd vergehen, die Elemente werden verbrennen und sich auflösen, die Erde und alles, was auf ihr ist, werden (nicht mehr) gefunden. Wenn sich das 'All' so auflöst, wie heilig und fromm müsst ihr dann leben, den Tag Gottes erwarten uns seine Ankunft beschleunigen!" (2 Petr 3,10-12). Sie erwarten also das Weltende, und sicher ist diese Vorstellung vom Weltende auch verbunden mit der Vorstellung von einer kosmischen Katastrophe, einem Vergehen, Verbrennen, Untergehen der Welt. Aber wenn wir genauer hineinhorchen, so ist das was die frühen Christen eigentlich bewegt, nicht so sehr die Vorstellung, wie das sein wird, wenn der Kosmos vergeht, sondern es ist die Sehnsucht nach Christus und seinem Reich. "Dein Reich komme", die Sehnsucht nach der Herrschaft Christi, die Sehnsucht,
dass er verwirklicht, was er verheißen hat. Dass einmal Gott alle Tränen abwischen wird,
dass kein Leid mehr sein wird und kein Tod, und dass wir IHN sehen werden, wie er ist, und immer bei Ihm sein werden.
Darf ich Sie jetzt einladen, ein wenig diese beiden Betrachtungsweisen zu betrachten, sie gegeneinander zu stellen und miteinander zu vergleichen, denn wir können die Frage des Weltendes auf zwei verschiedene Weisen betrachten: Wir können es sozusagen naturwissenschaftlich, nüchtern betrachten, und wir können es im Glauben betrachten. Wir werden dann gleich sehen,
dass diese zwei Betrachtungsweisen sich noch einmal verschieben, wenn man genauer hinschaut. Die naturwissenschaftliche Betrachtungsweise, die so stark unsere ganze heutige Kultur, unser ganzes Lebensgefühl bestimmt. Woher kommt die Welt? Wie wird sie weiter gehen? Wie wird sie einmal untergehen? Mancher junge Mensch erlebt eine ernste Glaubenskrise, wenn er in der Schule lernt und hört,
dass es nicht so ist, wie man es sich als Kind vorgestellt hat: Dass der liebe Gott die Welt geschaffen hat - sondern
dass die Welt durch den Urknall, die Evolution, durch gewaltiges kosmisches Geschehen entstanden ist, das Jahrmilliarden dauert. Es sind Galaxien in Jahrmilliarden entstanden, und unter diesen befindet sich unser Sonnensystem, und darin der kleine Planet, auf dem wir leben, die Erde, und auf diesem wieder das Leben in Jahrmillionen. Und in diesem Leben wiederum der Mensch,
dass er diese Erde bevölkert und er über sie nachdenkt, und wie dieser Kosmos wieder in Jahrmilliarden vergehen, verglühen oder vereisen wird. Für diese Sicht ist die Idee einer Wiederkunft Christi im Grunde sinnlos. Eine Vorstellung aus einer anderen Welt, die Idee eines jüngsten Gerichtes, eines "Tages Gottes",
dass Christus auf den Wolken wiederkommen soll, alles das ist dieser Weltsicht der Naturwissenschaft, der modernen Weltanschauung fremd. Aber fremd ist ihr auch die Idee,
dass Gott diese Welt geschaffen hat, die Vorstellung, dass alles, was ist, aus dem Nichts in souveräner Freiheit von Gott geschaffen worden ist, durch sein Wort.
Dass alles, der gesamte Kosmos, völlig in seiner Hand ist, dass die Weiten dieses Universums vor Gott wie ein Nichts, wie ein Staubkorn sind, und
dass zugleich in diesem immensen Kosmos diese Erde und der Mensch auf ihr vor Gott unendlich wertvoll ist, und von ihm geliebt und gewollt und erdacht, und
dass deshalb die Erde Gott so kostbar ist, dass er sogar auf dieser Erde Mensch geworden ist.
Dass deshalb dieser Erde nicht einfach nur eine kosmische Geschichte hat, eine Naturgeschichte, sondern
dass diese Erde, die Gott geschaffen hat, auch eine Zukunft in Gott hat. Alles das ist dem modernen, naturwissenschaftlichen Weltbild fremd.
Die Idee einer neuen Schöpfung, und
dass Gott diese Schöpfung verwandeln wird in einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen es keine Tränen und kein Leid und keinen Tod mehr geben wird, das alles klingt wie ein Kindermärchen in der nüchternen Welt mit einer naturwissenschaftlichen Weltanschauung. Sie kann im Grunde mit der Sicht des Glaubens nichts anfangen. Es wundert uns nicht,
dass die Gläubigen, dass wir als Christen oft das Gefühl haben in einer anderen Welt zu leben, und
dass es oft sehr mühsam ist, diese Welt unseres Glaubens und die Welt, in der wir leben, zueinander zu bringen,
dass sie oft so schrecklich wenig miteinander zu tun haben. Dass in der Welt, in der wir leben, arbeiten, die uns umgibt, in der wir sind, zu der wir selber gehören, es keine Engel gibt und keinen Gottessohn und keine jenseitige Welt. Darum ist die Gefahr so groß,
dass wir gewissermaßen gesplittet leben, wie man heute sagt. Dass die moderne Welt und die Glaubenswelt immer mehr auseinander klafft. Das moderne Bewusstsein glaubt nicht an eine herrliche Wiederkunft Christi. Aber glauben wir daran, glauben wir wirklich daran, hoffen wir darauf? Haben wir die Wunder unseres Glaubens heimlich schon in die Mottenkiste verpackt als etwas, was eigentlich nicht in unsere Zeit, in unsere Welt passt? Alles das, was da in unserem Glaubensbekenntnis vorkommt,
dass Gott seinen Sohn gesandt hat, dass er vom Himmel herabgestiegen ist und aus Maria, der Jungfrau, Mensch geworden ist durch den Heiligen Geist: kann man das wirklich glauben, haben wir in unserem Herzen nicht heimlich schon Abschied genommen von den Wundern Jesu, von dem Wunder der Auferstehung, dem Unglaublichen des leeren Grabes und seiner leiblichen Auferstehung? Glauben wir ernsthaft,
dass seine Mutter wirklich, mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen ist? Wie sollen wir, wenn das alles für uns nicht wirklich real ist, wenn wir das irgendwie doch verstohlen beiseite geschoben haben als etwas, was mit unserer Erfahrungswelt eigentlich nichts mehr zu tun hat, wie sollen wir dann noch an seine herrliche Wiederkunft glauben? Wie sollen wir sie ersehnen, erhoffen, wenn sie für uns im Nebel der modernen Welt sich eigentlich schon als Chimäre verschwommen ist? Ich weiß nicht wie es ihnen geht. Ich gestehe,
dass mich diese Fragen oft bedrängen. Ich glaube nicht, dass ich Glaubenszweifel habe, aber der Glaube ist bedrängt. Er ist bedrängt, wenn man diesen Kontrast zwischen unserer Glaubenswelt und dem Alltag, der Lebenswelt, auch dem Lebensgefühl, das uns umgibt, und das wir ja in uns tragen, erleben.
Wie geht es den anderen, wie geht es Ihnen, liebe Brüder und Schwestern? Können wir standhaft im Glauben sein? Können wir, wenn wir so angefochten sind in dieser Welt unseres Glaubens, wirklich fest stehen? (Antwort der Gläubigen: JA!) Trotzdem müssen wir uns darüber Rechenschaft geben, denn in der modernen Welt scheint für das alles kein Platz zu sein. Nun geschieht das Erstaunliche: Was uns der Glaube sagt, ist auch ein Wissen, aber es ist ein Wissen, das nicht von der Welt kommt, sondern das von Gott kommt. Ein Wissen, das von anderswo kommt. Es ist nicht das Wissen unserer Zeit und unserer Welt, sondern es ist das, was Gott uns geoffenbart hat, es ist ein anderes Licht, es ist das Licht der Offenbarung. Ein Licht, das in diese Welt leuchtet, und das wir im Glauben annehmen. Ich möchte das nächste Mal über die Frage der Offenbarung sprechen und die Frage der "Privatoffenbarungen", weil das heute so viel als Thema da ist. Der Glaube beruht auf "Offenbarung", nicht wir haben ihn entdeckt, nicht wir sind drauf gekommen, sondern er wurde uns
geoffenbart. Aus Gottes Licht, aus dem Wissen Gottes, ist uns dieses Wissen zugekommen. Von Gott haben wir Kenntnis, Kunde bekommen, und nehmen sie im Glauben an. Gott sagt uns etwas über diese Welt, über ihre Herkunft, über ihren Sinn, ihren Weg und ihr Ziel. Etwas, was wir nicht von uns aus wissen können, und was deshalb immer quer hereinkommt, von oben hereinkommt in unsere Welt und daher oft auf Unverständnis stößt, auch keine Naturwissenschaft kann das erkennen. Niemals wüssten wir von uns aus, auch mit der besten naturwissenschaftlichen Erkenntnis nicht,
dass Gott diese Welt aus Nichts geschaffen hat. Das können wir nicht von uns aus wissen. Das hat uns Gott
geoffenbart, er sprach und sie war. Er hat die Welt geschaffen, es werde Licht und es ward Licht. Das kann ich nur im Glauben ergreifen. Deshalb ist die Frage: Was heißt das im Glauben dieses Wissen Gottes annehmen und im Licht dieses Wissens dann auch die Welt zu verstehen versuchen? Glauben ist zuerst eine Frage der Zustimmung, der Zustimmung des Herzens. Es ist eine Sache der Einwilligung: Ich bin bereit, mir das, was ich selber nicht wissen kann, sagen zu lassen und es anzunehmen. Es ist berührend, aber auch traurig zu sehen, wie viel Hirnschmalz, wie viel immense Denkarbeit aufgebracht wird, um zu versuchen, zu beweisen,
dass die Welt aus sich selber stammt, dass sie sich selber organisiert hat. (Das ist die Theorie von der Selbstorganisation der Welt.) Nur um nicht die Vernunft vor Dem beugen zu müssen, der uns sagt,
dass alles aus seiner Hand ward. Nur damit die Vernunft nicht gewissermaßen in die Knie gehen
muss vor Dem, der uns alleine sagen kann, warum alles so herrlich gefügt ist; der uns allein sagen kann, auch wohin alles geht, und der uns sagen kann,
dass diese Welt nicht das Produkt von Zufall, Notwendigkeit ist, sondern aus Seiner reinen Güte erschaffen ist, und
dass alles in Seiner Hand ist. Aber man wird uns doch, uns aufgeklärten Menschen des 20. Jahrhunderts, nicht zumuten können zu glauben,
dass die Milliarden Galaxien allein aus seinen souveränen Worten entsprungen sind? Und doch sagt uns das Gott selber und er sagt uns,
dass es allein aus seiner souveränen Liebe zu verstehen ist. Das ist die Welt, er hat sie geschaffen. Aber welch ein Kampf in unserem Inneren, dem wirklich zuzustimmen, zu dem wirklich Ja zu sagen. Ich glaube, der Kampf ist nicht so sehr zwischen einer Naturwissenschaft und einer religiösen Welt, sondern es ist der Kampf zwischen dem platen Materialismus der in dieser Zeit so massiv da ist, und der auch in uns steckt, und für den als oberstes Prinzip gilt: "Oben ist dort, wo ich bin", der sich als Herr der Welt sieht, und der die Welt als sein Eigentum betrachtet. Diese Weltsicht ist nicht eigentlich die naturwissenschaftliche, sondern es ist die materialistische, und sie ist nicht einmal eine vernünftige Welt, sie ist vielmehr das, was die Bibel Torheit nennt. "Nur der Tor sagt, es gibt keinen Gott." heißt es im Psalm. Es ist die Haltung des Menschen, der glaubt ein Realist zu sein, der blind ist für das Geheimnis der Welt. Diesem oberflächlichen Zeitgenossen, der in uns selber auch steckt, diesem fällt es schwer, an die Wiederkunft Christi zu glauben. Sie ist ihm ein Fremdwort. Aber es gibt genügend Breschen in dieser selbstgefälligen Weltsicht, die alles für sich in Anspruch nimmt und davon ausgeht,
dass die Welt ihr gehört, und sich letztlich an die Stelle Gottes setzt.
Ich nenne nur zwei Beispiele, zwei Erlebnisse dieses Sommers, die vielen in Erinnerung sind: Am Fest der hl. Clara, am 11. August zu Mittag, war die viel beredete Sonnenfinsternis. Ich durfte sie in der Zentralzone erleben, im Süden unserer Diözese, und unabhängig von allem, was man darüber geredet hat und den großen Medienwirbel. Es war ein unvergessliches und ganz tiefes Erlebnis. Ein Erlebnis, das mitten in den Alltag hinein etwas von der geheimnisvollen Dimension der Wirklichkeit, der Welt hat aufleuchten lassen. In dieser eigenartigen Verfinsterung des Tages, in diesem Naturschauspiel ist etwas von der Geheimnishaftigkeit unserer Welt spürbar geworden. Wir waren einige Leute beieinander, um die Sonnenfinsternis zu beobachten, und einer der Anwesenden (kein Geistlicher, ein ganz normaler Laie) hat ganz spontan, wie die Sonne wieder hervorgekommen ist, "Großer Gott wir loben dich" angestimmt. Es war nicht daneben, es war ganz richtig. So war es: Großer Gott, wir loben Dich! Ist es nicht eigenartig,
dass die großen Naturwissenschaftler, die ganz großen, so oft tiefreligiöse Menschen sind? Weil sie so sehr an die Geheimnishaftigkeit unser Welt heranrühren, und spüren,
dass ihre Wissenschaft, so tief sie auch eindringt, immer nur noch tiefer hineindringt in das Geheimnis.
Und ein Zweites, woran wir in diesem Sommer erinnert wurden, war die Mondlandung vor 30 Jahren. Viele erinnern sich, wie Armstrong sein Staunen ausgesprochen hat, es ist manchen noch im Ohr, diese Worte eines überwältigten Staunens über die Herrlichkeit der Schöpfung. Es war dieser unvergleichliche Moment, der in Bildern festgehalten ist, wie über dem Mond die Erde aufgeht. Dieser einzigartige blaue Planet in dem weißen Wolkengespinst, ein unvergleichliches Bild. Und wie die Astronauten ihre Erfahrung ausgedrückt haben,
dass die Erde ihnen in ihrer ganzen Schönheit, aber auch in ihrer Zerbrechlichkeit bewusst geworden ist. Wie sehr diese Erde unsere Heimat ist, wie sehr sie wirklich unsere einzige Heimat ist in diesem unendlich weiten Kosmos, in dem der Mensch sonst nicht leben kann. Die große Liebe zur Erde, die in den Worten der Kosmonauten plötzlich angeklungen ist. Und wie wir aufgeklärten Menschen des 20. Jahrhunderts ein ganz neues Bewusstsein für die Erde bekommen haben, wie wunderbar sie ist, aber auch wie zerbrechlich. Wir erfahren es, wenn sie bebt und wenn sie sich ein wenig nur rührt, wie sehr unsere Erde auch gefährdet ist, so herrlich sie ist. Wo diese Bresche des Staunens sich auftut, da kann auch die Kunde des Glaubens eindringen: so wie diese Welt, dieser blaue Planet, das "Raumschiff Erde" einzigartig ist, so sind wir es alle. Jeder von uns ist einzigartig: von Gott geschaffen, gewollt, geliebt, gesucht und gerufen. Dann bekommt der Glaube auch heute unvermindert eine ganz erstaunliche Strahlkraft, auf dieser Erde, die so wunderbar gebildet ist, die so unwahrscheinlich ist in den gewaltigen Weiten des Kosmos, auf dieser Erde ist Gott Mensch geworden. Vom Mond aus betrachtet, wenn man das Mittelmeer und Palästina, das Heilige Land sieht auf diesem kleinen Planeten Erde, und dann im Glauben diese tiefste Wahrheit unseres Glaubens annimmt, ihr zustimmt, hier auf dieser Erde ist Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, Mensch geworden. Das ist dann nicht mehr nur ein Kindertraum der frühen Menschheit, die die erwachsene, aufgeklärte Menschheit der modernen Welt nicht mehr träumen dürfte, das ist dann ganz real. Viel realer als alles, was sich sonst als Wirklichkeit in unseren Vordergrund drängt. Wenn wir durch diese Bresche des Staunens und der Ehrfurcht unsere Welt sehen und auch im Licht der ganzen Kraft der modernen Wissenschaft mit ihrem großartigen Entdeckungen, dann klingt das Wort Jesu als ein Wort, das ganz vertraut uns anspricht. "Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott, glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen... Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch bereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin"
(Joh 14,1-3). Wenn Gott uns das sagt, dann dürfen wir uns darauf einlassen, dann dürfen wir daran glauben, fest darauf vertrauen. Wie gut ist es, zu wissen, wohin wir gehen! Dann ist es aber auch nicht so wichtig zu wissen, wann das sein wird, wann er wiederkommen wird, uns zu holen, jeden von uns persönlich, wenn der irdische Lebensweg zu Ende ist, heute, morgen, in 10, 50 Jahren. Und wann Er wieder kommt, um diesen Kosmos, diese Erde heimzuholen und sie zur neuen Schöpfung zu machen. Denn auch das hat er uns gesagt, und auch dieses Wort steht fest und wir dürfen daran glauben: "Ich bin bei euch, bis an der Welt Ende".
Brüder und Schwestern, wenn wir das im Glauben festhalten, wie anders gehen wir dann auf den Straßen unseres Lebens, wenn wir wissen dürfen, ganz
gewiss wissen dürfen, dass das, was er uns sagt, wahr ist, weil er uns ganz sicher nicht betrügen kann. Das wollte ich heute sagen!
Ich möchte in der nächsten Katechese, am 24. Oktober, über die Frage "die eine Offenbarung und die vielen Privatoffenbarungen" sprechen. Was bedeutet es,
dass wir glauben? Gott hat ein für allemal sich
geoffenbart. Offensichtlich gibt es trotzdem auch so etwas wie "Privatoffenbarungen". Offenbarungen oder Mitteilungen Gottes,
Mariens, der Heiligen an einzelne Menschen. Wie stehen Sie zur Offenbarung Gottes, wie unterscheiden wir sie? Brauchen wir das? Warum ist die Kirche manchmal so zurückhaltend mit dem Anerkennen solcher Privatoffenbarungen?
Dann möchte ich am 14. November die Frage ansprechen: "Wie Maria im Heilsplan, vor allem im Blick auf das große Jubiläum, zu sehen ist." Ein wenig weiterführen das Thema der gestrigen und heutigen Maria Namen-Feier, "Mit Maria ins neue Jahrtausend". Vor allem die Frage, die heute viel gestellt wird: "Kann man sagen: Maria ist Miterlöserin, Maria Mittlerin aller Gnaden?" Was heißen solche Worte, sind das Fehlentwicklungen, kann man das richtig verstehen? Das soll am 14. November Thema sein.
Am 12. Dezember möchte ich dann die Frage der Erbsünde ansprechen. Eine Frage die immer wieder kommt "Was heißt das Erbsünde?
Muss man Kinder taufen? Was können die kleinen Bauxerln dafür, dass sie auf die Welt kommen, und man sagt, sie haben die Erbsünde, sie bedürfen der Taufe? In welchem Sinn ist die Erbsünde Erbschuld? Was bedeutet es,
dass wir glauben, von der Taufe an, mit der Taufe von der Erbsünde befreit zu sein?" Trotzdem geht es unter Christen nicht ganz erbsündenlos zu.
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