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Katechesen
1997/1998
2. Jahresreihe - 6. Katechese, 17.05.98
Petrus - Petrusamt |
Liebe Besucher dieser VI.
Katechese, auf dem Weg zum Besuch des Heiligen Vaters. Es ist nur mehr ein wenig mehr als
einen Monat bis zum Kommen des Heiligen Vaters, und deshalb möchte ich auch die beiden
Katechesen, heute und in einem Monat, dem Thema des Petrusamtes widmen. Ich möchte heute
vor allem vom hl. Petrus sprechen, dessen Nachfolger der Papst ist. Aber ist er das
wirklich? Ist der Papst überhaupt der Nachfolger des hl. Petrus? Ist er nicht vielmehr
eine Machtgestalt, die sich in der Geschichte entwickelt hat? Eher dem römischen Kaiser
ähnlich, als dem Fischermann aus Galiläa? Ist nicht die Ge- schichte des Papsttums mehr
eine Kriminalgeschichte als eine Heiligengeschichte? Es gibt auf jeden Fall Bücher mit
diesem Titel: "Die Kriminalgeschichte des Christentums". Auch wissen wir,
dass kaum etwas so viel Anstoß
für andere Christen bedeutet, für die anderen christlichen Konfessionen, wie das
Petrusamt. Obwohl Petrus der Einheitspunkt sein soll, ob- wohl der Papst
das Amt der Einheit wahrnehmen soll, ist er doch für viele der Stolperstein,
der Stein des Anstoßes, und in- zwischen wohl auch für viele in der
katholischen Kirche selbst. Es gibt so etwas wie einen antirömischen Affekt;
Hans Urs von Balthasar, der große Schweizer Theologe hat ein Buch mit diesem
Titel geschrieben: "Antirömischer Affekt", also eine Grundstimmung, die irgendwie den Papst und Rom von vornherein
kritisiert. Freilich
gibt es auch so etwas wie eine unerleuchtete Papstverehrung, eine - fast könnte man sagen
- Papolatrie, eine übertriebene Papstverehrung. Beides gilt es zu überwinden. Wenn der
Papst Nachfolger des hl. Petrus ist, und das glaubt die katholische Kirche,
dass er das
ist, dann ist der Papst ein sündiger Mensch, wie jeder andere Christ, den der Herr zwar
an den ersten Platz in der Kirche gestellt hat, der aber wie alle Christen der Umkehr
bedarf und unseres Gebetes, und der deshalb zuerst einmal unser Bruder ist. Dann müssen
wir also auf Petrus schau- en, um etwas besser den Papst zu verstehen.
Wer ist Petrus? Ich möchte also ein wenig darüber
sprechen. Zu- erst noch ein paar Bemerkungen über die Frage, ist nun
tatsächlich der
Papst der Nachfolger des Apostels Petrus. Dann möchte ich mich beim hl. Petrus aufhalten
und würde das gerne sehr lange tun, denn die Gestalt des hl. Petrus ist so wunderbar,
dass man sich sehr lange dabei aufhalten könnte, ihn betrachten könnte. Und am
Schluss
möchte ich, wenn es sich ausgeht, ansonst das nächste Mal, über das Amt und die
Verantwortung des Papstes sprechen.
Ist also der Papst der Nachfolger des Petrus?
Vor kurzem fand hier in Wien ein Symposium von
evangelischen Theologen statt, über Papst und Petrusamt. Wo sehr viel
Schönes und
Erfreuliches gesagt wurde, wo aber auch die Meinung zum Ausdruck kam, zumindest von
einigen, dass Petrus eigentlich keinen Nachfolger haben kann. Seine Sendung ist einmalig
und ist mit seinem Tod zu Ende, sie ist nicht übertragbar. Man konnte auch in manchen
Berichten über diese Tagung lesen, Petrus war nicht der erste Papst, der erste Papst war
sein Nachfolger. Über das werde ich noch sprechen. Petrus war der vom Herrn erwählte
Apostel, der erste unter den 12. Er war noch nicht der Papst, sondern der Papst ist der
Nachfolger des Petrus. Der Papst ist eine andere Wirklichkeit als Petrus, und doch sagen
wir, glauben wir, dass er der Nachfolger des Petrus ist.
Wie sieht das im Verständnis der katholischen Kirche aus? Wer bei der letzten
Katechese dabei war, erinnert sich, dass wir über die vierte Kennzeichnung der
Kirche gesprochen haben: dass sie apostolisch ist. Sie ist die eine, heilige,
katholische, apostoli- sche Kirche. Die Kirche ist apostolisch, weil sie an der
Sendung Jesu teil hat. Apostelein heißt senden, der Apostel ist der Ge- sandte,
Jesus ist zuerst der vom Vater Gesandte, aber wie wir gesehen haben - "wie mich
der Vater gesandt hat, so habe ich euch gesandt" - Jesus teilt seine Sendung
mit, er ruft Menschen in seine Nachfolge, damit sie von ihm gesandt werden.
Diese Sendung beginnt bereits ganz zu Beginn des öffentlichen Wir- kens Jesu,
bei der Berufung des hl. Petrus. Voll beginnt sie erst nach Ostern, als der Herr
auferstanden war und die Jünger gesandt hat: "Geht hinaus in alle Welt und
lehrt alle Menschen." Nun ist die Frage: hört diese Sendung mit dem Tod der
Apostel auf?
Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es: "Im Auftrag der Apostel liegt
eine unübertragbare Aufgabe: erwählte Zeugen der Auferstehung des Herrn und
Fundamente der Kirche zu sein (KKK 860)." Nur sie können Zeugen der Auferstehung
sein, weil sie gesehen haben: das leere Grab, den auferstandenen Herrn, der
ihnen erschienen ist, das ist unübertragbar. Sie sind die Augenzeugen und auch
sind sie alleine die Fundamente der Kirche. Wir haben es gehört, in der
Geheimen Offenbarung, heute in der zweiten Lesung, sie sind die 12 Grundsteine
des himmlischen Jerusalem, das ist unübertragbar und insofern haben die
evangelischen Theologen recht, die sagen, Petrus hat in dieser Hinsicht keinen
Nachfolger. Aber es gibt auch, sagt der Katechismus weiter, eine übertragbare
Aufgabe: Christus hat ihnen versprochen, bis zum Ende der Zeiten bei ihnen zu
bleiben, Jesus hat ja zu den 12 oder den 11 damals auf dem hohen Berg in
Galiläa gesagt: "Ich bin bei euch, alle Tage, bis ans Ende der Zeit". Nun sind
alle Apostel gestorben und trotzdem gilt das Wort: ich bin bei euch. Also muss
dieses Wort auch weiter gelten, nach dem irdischen Tod der Apostel. Darum sagt
der Katechismus: "Deshalb wird jene göttliche Sendung, die von Christus den
Aposteln anvertraut worden ist, bis zum Ende der Welt dauern, da das Evangelium,
das von ihnen zu überliefern ist, für alle Zeit für die Kirche Grundlage ihres
ganzen Lebens ist, des- halb haben die Apostel für die Einsetzung von
Nachfolgern Sorge getragen (LG 20)". Es gibt also eine Nachfolge in der Sendung der Apostel, sie sorgten für Nachfolger.
Wenn wir uns zurückerinnern an die Apostelgeschichte, oder die Briefe des
Apostel Paulus, dann sehen wir, wie die Apostel Mitarbeiter ausgewählt haben,
ihnen die Hände aufgelegt haben, ihnen die Aufgabe anvertraut haben, dass ihre
Sendung weiter geht. Daher heißt es, setzten sie solche Männer ein und gaben
dann die Anordnung, dass nach ihrem Hingang andere bewährte Männer ihren Dienst
übernehmen. Das ist die sog. Nachfolge der Apostel, die apostolische Sukzession,
die bis heute in der Kirche besteht. Die Apostel haben für Nachfolger gesorgt.
Nun, wie das aussieht, kann man in einem anderen Buch lesen. Der hl. Irenäus von
Lyon, ein wunderbarer Autor des zweiten Jahrhunderts. Er ist um 200 n. Chr. den
Märtyrertod in Lyon gestorben, stammte aus Kleinasien und hat noch den hl.
Polykarp gekannt, der wiederum noch den Apostel Johannes kannte: die lebendige
Überlieferung, die hier weitergeht. Nun schreibt der hl. Irenäus gegen Ende des
2. Jahrhunderts, er könnte für viele der Kirchen genau angeben, wie die
Nachfolger der Apostel geheißen haben, einer nach dem anderen. Er tut es
wenigstens für eine Kirche, nämlich für die von Rom. Da heißt es: als die seligen Apostel die Kirche in Rom gegründet und erbaut hatten, leg- ten sie dem
Linus das Amt des Bischofs zur Leitung der Kirche in die Hände. Manchmal hören
wir das Erste Römische Hoch- gebet in der Messe, Linus, Kletus, Klemens, Sixtus,
Kornelius geht es dann weiter in der Liste. Nach den 12 Apostel kommen diese:
Linus, Kletus, Klemens. Tatsächlich sagt der hl. Irenäus weiter: das ist der
Linus, den Paulus in seinem Brief an Timotheus erwähnt. Sein Nachfolger war
Kletus oder Anakletus. Nach ihm bekam Klemens von den Aposteln ausgezählt an
dritter Stelle das Bischofsamt. Petrus war also nicht Papst, aber Linus, Kletus,
Klemens waren die ersten drei Bischöfe von Rom und damit die ersten drei Päpste.
Klemens von Rom hatte noch die seligen Apostel gesehen und Kontakt zu ihnen
gehabt. Er hatte die Predigt der Apostel noch in den Ohren und die Überlieferung
vor Augen, übrigens nicht er allein. Es gab damals noch viele die von den
Aposteln belehrt worden waren. Dann geht es weiter: auf diesen Klemens folgte
Evaristus, auf Evaristus Alexander, dann war als sechster, seit den Aposteln,
Sixtus im Amt. Er heißt nicht deshalb, weil er der sechste war, "Sixtus",
sondern es war sein Name. Nach ihm Telesphorus, der auch ein sehr ruhmvolles
Martyrium erlitt. Dann Hyginus, dann Pius der I, nach diesem Anicet, nach dem
Anicet folgt Soter und derzeit, schreibt der hl. Irenäus, hat an zwölfter Stelle
seit den Aposteln Eleutherius das Bischofsamt inne. Er sagt, so könnte ich es
für viele andere Kirchen auch nennen. Er sagt: das ist die Ordnung und das die
Sukzession, die Nachfolge in der die Überlieferung in der Kirche, die von den
Aposteln her kommt und durch die die Verkündigung der Wahrheit auf uns gekommen
ist.
Also Nachfolger des Petrus ist der Bischof von Rom. Das ist nicht einfach eine
Theorie, es ist eine geschichtlich erwiesene Tatsache. Es ist aber auch eine
Glaubenslehre und deshalb sagt der Katechismus ausdrücklich, dass das Lehre der
Kirche ist, nicht nur eine Theorie, die man annehmen kann oder nicht. Es heißt
deshalb im Konzil: "Daher lehrt die Kirche, ‘daß die Bischöfe auf Grund
göttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel nachgerückt sind, gleichsam als
Hirten der Kirche. Wer sie hört, hört Christus und wer sie verachtet, verachtet
Christus und den, der Christus gesandt hat’ (LG 20)". Das ist also die Lehre der
Kirche von der Nachfolge der Apostel.
Wenn wir also Papst Johannes Paul II begrüßen werden: "Du bist Petrus", dann
sagen wir nicht etwas Falsches, im Gegenteil, wir tun und sagen etwas Wahres. Du
bist Petrus, in dir kommt Petrus zu uns. Aber wer ist Petrus, kennen wir ihn?
In der Heiligen Schrift lernen wir Petrus in einigen Episoden kennen. Auf Sein
Wort hin werfen sie die Netze aus und erschrecken vor dem wunderbaren
Fischfang. Petrus sagt zu Jesus: "Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger
Mensch." Gleichzeitig, oder kurz da- nach, die andere Episode. Wir sehen die
ganze Lebendigkeit und Spannung im Leben des Simon, in seiner Liebe zu Jesus
beim Seesturm, wie Jesus ihnen auf dem Wasser entgegen- kommt. Und wo Petrus
jetzt nicht sagt: "Herr geh weg von mir", sondern ganz im Gegenteil, "Herr, wenn
Du es bist, so heiß mich zu dir zu kommen, auf dem Wasser". Jesus sprach:
"Komm". Dieses Erschrecken vor der Heiligkeit Jesu und gleichzeitig dieses
einzigartige, spontane Hingehen zu Jesus, voller Liebe und Freude, ihn zu
begegnen. Und dann, in Kafarnaum, wo die Schwiegermutter des Petrus gelebt hat,
und wo Jesus in der Synagoge die große Rede über das Brot vom Himmel hält, und
wo die Menschen sich abwenden, selbst die Jünger, und sagen: "das ist
unerträglich, was er sagt". Und sie hören auf, mit ihm zu gehen, weil er gesagt
hat: "Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt bleibt in mir". Da sagt Jesus zu
den 12: "Wollt auch ihr weggehen?" Und wie so oft ist es Petrus, der für alle
antwortet: "Herr, zu wem sollten wir gehen? Du allein hast Worte ewigen Lebens,
und wir haben geglaubt und erkannt, dass Du der Heilige Gottes bist." Und
schließlich das ganz Große in Caesarea Philippi, das Bekenntnis des Petrus auf
die Frage Jesu: "Und ihr, für wen haltet ihr mich?". Dieses Wort, das uns der
Schlüssel ist für die Bedeutung des Petrus: "Du bist der Christus, der Sohn des
lebendigen Gottes", sagt Petrus zu Jesus. Da antwortet ihm Jesus in einer ganz
feierlichen Weise: "Selig bist du Simon Barjona, denn nicht Fleisch und Blut -
also nicht menschliche Einsicht - haben dir das erklärt, sondern mein Vater im
Himmel hat Dir das geoffenbart. Und ich sage dir, du bist Petrus und auf diesem
Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle - der Unterwelt,
des Hades - werden sie nicht überwältigten. Ich will dir die Schlüssel des
Himmelreiches geben; was du auf Erden bindest, das wird im Himmel gebunden sein
und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein."
Es ist eine so gewaltige Verheißung, ein so gewaltiges Wort, und es gäbe so viel
darüber zu sagen, dass wir alleine über dieses Wort mehrere Katechesen halten
könnten. Einen Hinweis muß ich geben. Auch um zu zeigen, wie wunderbar es ist,
wenn man in die jüdische Tradition hinein hört und sich von dort vieles sagen
lässt, was wir von uns aus gar nicht wissen. Dieser Tag, an dem Jesus diese Frage
gestellt hat in Caesarea Philippi, ganz im Norden von Galiläa, vor einer großen
Felswand, wo die Jordanquellen entspringen, dieses Wort, diese Frage hat Jesus
am Jom Kippur gestellt, am großen Versöhnungstag. Wir wissen das deshalb, weil
sechs bzw. acht Tage später die Verklärung stattfindet am Laubhüttenfest; also
war es der große Versöhnungstag, der Tag an dem das einzige Mal im Jahr, im
Tempel in Jerusalem, der Hohe Priester in das Allerheiligste ein- treten durfte
und dort das einzige Mal im Jahr den unaussprechlichen Namen Gottes
aussprechen. An diesem Tag sagt Petrus, der Hohe Priester, gewissermaßen, im
neuen Bund an der Stelle Jesu, den Namen Gottes: "Du bist der Christus, der Sohn
des lebendigen Gottes".
Es gäbe noch manches darüber zu sagen, über diesen so tiefen und geheimnisvollen
Zusammenhang, warum der Herr gerade an diesem Tag diese Frage gestellt hat und
warum Petrus an diesem Tag vom Heiligen Geist, vom Vater erleuchtet, dieses
Wort gesagt hat. Der Name Gottes ist uns durch Petrus gegeben: "Du bist der
Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Nun aber das Felsenwort, das große
Wort über Petrus: "Du bist Petrus und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche
bauen."
Ich hab das schon bei anderer Gelegenheit gesagt: nicht Du wirst Deine Kirche
bauen, es ist nicht die Kirche des Petrus, es ist nicht unsere Kirche, "ich
werde meine Kirche bauen", aber "auf diesem Felsen". Ist das nicht
ungeheuerlich, auf einen Menschen, ist das nicht ein Risiko, das Gott nie
hätte eingehen dürfen, auf einen Menschen, noch dazu auf einen schwachen Menschen, Seine Kirche zu bauen? Kann ein Mensch das überhaupt tragen? Ist das
nicht eine völlige Überforderung, letztlich auch eine unmenschliche
Überforderung? Nun ich glaube, es ist ganz wichtig zu sehen, dieses Wort an
Petrus sagt eine Wahrheit über die Kirche, aber nicht die ganze Wahrheit.
Im Katechismus steht vieles Schöne, schauen wir noch einmal (KKK 773), da heißt
es über die Kirche: "Sie ist die Braut ‘ohne Flecken und Falten’ (Eph 5,27)",
ohne Flecken und Makel, diese Braut ist Maria. "Maria geht uns allen auf dem Weg
der Heiligkeit voraus, auf dem Weg der Heiligkeit, die das Mysterium der Kirche ausmacht". Und dann zitiert der Katechismus ein Wort unseres Papstes, ein
eigenartiges Wort, wo er sagt: "In diesem Sinn geht die marianische Dimension
der Kirche der Petrusdimension voraus" (MD 27). Die Kirche ist nicht nur
petrinisch, sie ist zuerst marianisch.
Was heißt das: die Kirche ist zuerst und am vollkommensten verwirklicht in
Maria. Maria hat den Herrn nicht verraten, Maria ist nicht im Glauben irre
geworden. Maria hat vom ersten Moment der Verkündigung an das ganze unbedingte,
umfassende Ja gesagt, und deshalb können wir sagen, Maria ist die Kirche,
Petrus leitet die Kirche. Aber in einem umfassenderen Sinn ist Maria die Kirche.
Petrus dient der Kirche, Petrus ist Fundament, Fels der Kirche, aber die Kirche,
die der Herr auf diesem Felsen baut ist zuerst verwirklicht dargestellt in
Maria, in der, die ganz Ja ist auf den Willen Gottes hin. Aber durch Petrus
leitet der Herr seine Kirche, diesen Petrus hat der Herr selig gepriesen, ihm
hat er die Schlüssel gegeben.
Dreimal drei Stärken und Schwächen des hl. Petrus möchte ich nennen:
- Petrus begegnet uns besonders in diesen spontanen Reaktionen, in denen er so
ganz drinnen ist. Dreimal sagt er: "Niemals", und nachher denkt er ganz anders.
Zuerst, nach der Verkündigung Jesu: "du bist Petrus und auf diesem Felsen will
ich meine Kirche bauen," sagt er: "Niemals sollst Du leiden Herr". Nachher hat
er begreifen müssen, dass er sehr wohl leiden wird.
- Ein zweites Mal sagt Petrus niemals: "Niemals Herr sollst Du mir die Füße
waschen" bei der Fußwaschung, und wie der Herr ihm dann sagt: "Wenn ich dir die
Füße nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir", will er gleich ganz gewaschen
werden von ihm.
- Und ein drittes Mal, in der Apostelgeschichte im 10. Kapitel, wie der Herr ihm
vom Himmel her die unreinen Tiere zeigt, die er essen soll: "Niemals, Herr,
werde ich Unreines essen." Dann erklärt ihm der Herr, dass nichts von dem, was
Gott geschaffen hat, unrein ist.
Wir spüren in diesem dreimaligen "niemals" den ganzen Petrus, wie er in seinen
spontanen Reaktionen ist, und wie er jedes mal ganz offen ist, zur Umkehr und
auch zur Reue. Dreimal hat er Jesus verleugnet, am schlimmsten damals, im Hof
des Hohen Priesters, vor der Magd, wo er dreimal gesagt hat, "ich kenne Ihn
nicht". Aber auch später hat Petrus immer wieder Versuchungen gehabt, schwach zu
werden. In Antiochia ist er schwach geworden und hat Angst gehabt vor denen,
die ihn kritisieren könnten, bis dann Paulus ihm ins Angesicht widerstanden hat
und ihm gesagt hat: das darfst du nicht, das ist nicht ehrlich und nicht mutig.
Also auch nach Pfingsten hatte Petrus noch Momente der Schwäche.
Und ein drittes Mal - das ist schon Legende, aber eine sehr schöne Legende - in
Rom selbst, als Petrus flüchten wollte, zeigt sich Jesus ihm. "Quo Vadis, wohin
gehst Du?" fragt ihn Petrus. Jesus antwortet: "Ich gehe für dich leiden".
Jedesmal ist es die tiefe Reue des Petrus, die uns berührt. In Rom ist er
schließlich ans Kreuz gegangen und um seinen Herrn besonders zu lieben, hat er
sich umgekehrt kreuzigen lassen, weil er sich nicht für würdig hielt, so wie
der Herr am Kreuz zu hängen.
Ein Besonders, noch einmal, dreimal genannt, ist zu nennen, sein Wissen darum,
dass es einen Kampf mit Satan gibt. Das erste Mal, nach dieser großen Verheißung:
"du bist Petrus", wo Jesus ihm das Leiden ankündigt und Petrus sagt, "niemals
Herr sollst Du leiden"; da sagt Jesus zu ihm: "Hinter mich Satan" - Satan nennt
er Petrus - weil "du nicht denkst wie Gott denkt, sondern wie die Menschen
denken". Ein zweites Mal nennt er ihn das, die Wirklichkeit der Versuchung, ja
die Gefahr der Verführung, ja das Wirken des Satan, beim Abendmahl, nach
Lukas, als Jesus sagt: "Simon, Simon, der Satan hat verlangt, euch wie Weizen
sieben zu dürfen. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht wankt,
und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder". "Der Satan hat
verlangt euch sieben zu dürfen, wie Weizen...".
Und ein drittes Mal, schon aus seiner eigenen Erfahrung aus Rom, kurz vor seinem
Martyrium, schreibt Petrus in seinem ersten Brief, und das spricht seine ganze
Erfahrung aus: "Seid nüchtern und wachsam, denn der Teufel, der Widersacher geht
umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen könnte; widersteht
ihm standhaft im Glauben." Petrus hat die Erfahrung gemacht, dass wir nicht nur
gegen Fleisch und Blut zu kämpfen haben, sondern gegen den Widersacher selbst.
Er hat seine Schwächen erfahren, und deshalb konnte er so stark werden, weil
er ganz auf die Kraft des Herrn vertraut hat.
Ich glaube, wir verstehen die Stärke des Petrus nur, wenn wir be- trachten, wie
er die Erfahrung der Schwäche gemacht hat, seiner Ohnmacht, seines Versagens,
seiner Umkehr, seiner Reue und die Erfahrung, dass der Herr ihn durch sein Gebet
gestärkt hat. So kann Petrus Heilungen bewirken. Wenigstens drei Beispiele
werden ausdrücklich genannt:
- Der Gelähmte von der goldenen Pforte.
- Der Äneas in Jope.
- Und die liebe Tabita, die Gazelle, die er sogar von den Toten auferweckt.
Petrus kann mit großer Stärke und Kraft handeln in der Gemein- de, manchmal auch
erschrecken. Etwa Ananias und Saphira gegenüber, und das nicht aus eigener Macht
heraus, sondern weil er erfahren hat, dass seine Stärke der Herr ist. Schließlich
kann er, und das ist besonders bewegend - in der Vollmacht des Herrn
verkündigen. Ist es nicht eigenartig, dass Petrus den Juden, dem Hohen Rat sagen
kann: "Ihr habt Ihn verraten und ans Kreuz geliefert, Gott hat ihn aber
auferweckt?" Er, Petrus, der selber Jesus verraten hat, kann, weil er um seine
Schwäche weiß, weil er weiß, dass der Herr ihm vergeben hat, und dass er nicht aus
seiner Vollmacht spricht, in der Wahrheit sagen: "Ihr habt Ihn verraten".
Nun, Petrus hat in Rom sein Leben hingegeben für den Herrn. Im Zirkus des Nero
wurde er gekreuzigt, mit dem Kopf nach unten, um seinen Herrn ganz gleich zu
werden. Sein Grab ist ganz sicher dort, wo heute die Mitte des Petersdom ist,
genau unter der Kuppel. Dort wo heute der Papst die Messe feiert, sein
Nachfolger.
Gelobt sei Jesus Christus!
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