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Katechesen
1997/1998
2. Jahresreihe - 4. Katechese, 15.03.98
Katholisch |
KatecheIn unserer vierten
Katechese, auf dem Weg zum Besuch des Heiligen Vaters in unserem Land, auf dem Weg durch
die Betrachtung der vier Grundeigenschaften der Kirche, betrachten wir heute die dritte:
die Einheit der Kirche und ihre Heiligkeit.
Heute geht es darum,
dass sie
katholisch ist. Die eine heilige, katholische und apostolische Kirche.
"Ich bin katholisch", wer traut sich das heute zu sagen? Ich hoffe, wir trauen
uns das zu sagen. Vielfach wirkt es wie ein Spottwort. Wir erfahren Spott, Kritik, wenn
wir sagen, katholisch oder gar römisch-katholisch. Für viele ist katholisch
gleichzusetzen mit eng, muffig, lebens- feindlich, unfrei, eben katholisch. Katholisch,
das ist auch eine Konfessionsbezeichnung. Auf manchen Dokumenten steht röm.- kath.,
römisch-katholisch, sowie evangelisch, HB oder AB, oder einfach keine Konfession: o.B. -
ohne Bekenntnis. Aber katholisch heißt nicht einfach eine Gruppe, ein Bekenntnis, eine
Konfession. "Katholisch" meint viel mehr. Heute geht es um das Wort
katholisch, das die Kirche kennzeichnet. Sie ist ihrem innersten Wesen nach die
"katholische". Dieses Wort meint alles eher als Enge, es ist das Wort, das für
Weite selbst steht. Katholon, das griechische Wort, bedeutet allumfassend, ganz und gar
umfassend, ganz und gar vollständig. Die Katholische Kirche ist kathoisch, in diesem
allumfassenden, vollständigen, ganzen Sinn. Das Wort katholisch hat zwei Bedeutungen, die
wir erst ein wenig be- denken. Vollständig, allumfassend ist sie zuerst im Sinne einer
Weite, extensiv könnte man sagen, wenn man ein Fremdwort gebraucht. In ihr ist die ganze
Weite zu finden. Katholisch heißt aber auch intensiv. In ihr ist die ganze, allumfassende
Fülle ver- dichtet, gegenwärtig. Wir können sagen, sie ist ganz weit und ganz dicht. In
ihr ist die Fülle im Sinne der Weite, im Sinne einer unvergleichlich intensiven
Gegenwart. Vielleicht ist es leichter, mit der Weite zu
beginnen. Weit ist die Kirche, sie umfasst alle Völker. Es gibt heute wohl kein Volk der
Erde, in dem es nicht die Kirche, wenigstens in kleinen Zellen, gibt. Sie spricht alle
Sprachen, alle Kulturen haben mit ihr Verbindung. Viele der heutigen Kulturen sind aus
ihr hervorgegangen, so unsere europäische Kultur. Sie wäre nicht was sie ist, ohne den
Mutterboden der Kirche. Alle Schichten, soziale, kulturelle Schichten haben in der
Kirche ihr zu Hause, können in der Kirche Platz finden, und alle Zeiten, alle
Jahrhunderte finden in der Kirche ihre Lebenszeit. Eines ist die Kirche nie: nur Nationalkirche, eine nur österreichische Kirche. Das kann man sich nicht vorstellen, sie wäre
nicht die "katholische" Kirche, wenn sie nur die österreichische wäre. Und
doch kann Österreich mit seinem besten, mit dem was bereit ist, sich läutern zu lassen,
in der Kirche zu Hause sein. So dass man wirklich dann auch von einer österreichischen
Kirche sprechen kann, so wie dieser Dom eben anders ist als französische oder englische
Dome. Die Kirche ist immer Weltkirche, weltweit, ein weltweiter Abendwind durchweht sie.
Wer Rom ein wenig erlebt hat, hat dort die Ahnung bekommen, ja die Wirklichkeit
erfahren, dass die Kirche weltweit ist, katholisch, allumfassend. Wer beim
Weltjugendtreffen dabei war, wird dies als Erinnerung mitgenommen haben, Kirche der ganzen Welt.
Wenn wir an die 80 Reisen des Heiligen Vaters denken, 81 mit Kuba, die 82ste
beginnt in wenigen Tagen, wenn der Heilige Vater aufbricht nach Nigeria, nach Afrika, um
dort Seligsprechungen vorzunehmen, dann ahnen wir auch etwas von der Weite der Kirche.
In alle Länder, zu allen Völkern führen seine Reisen. Diese Weite ist gut, sie spiegelt
sich, auch bei uns in unseren Gemeinden, besonders in Wien, wider. Wie viele Gemeinden
gibt es in Wien von der Philippinischen über die kleine Japanische, die größere
Koreanische, die große Indische Gemeinde, die Spanische Gemeinde oder Spanisch
Sprechende, denn sie umfasst zwanzig Länder der Herkunft nach, die Englisch-Sprachige
mit noch mehr Ländern und dann die vielen Europäischen Gemeinden, die Kroatischen, die
Slowenische, die Tschechische, die Französische und die Italienische, und ich habe sicher
viele andere noch vergessen. All das finden wir auch in Wien, weltweit in der Ortskirche,
und alle wissen wir, dass wir eine Kirche sind. Nicht Sondergruppen, nicht Sekten
in der Kirche, sondern die eine katholische Kirche.
Das zweite Vatikanum, das Konzil,
gibt die Begründung dafür, dass die Kirche so weltweit ist: weil sie gewissermaßen das
Sakrament, das heißt das Zeichen und das Werkzeug der Einheit des Menschengeschlechtes
ist (vgl. LG 1). Gott will die Menschen zu seiner Familie machen. In der Kirche wird die
Menschheit bereits, wenn auch unvollkommen, so doch schon wirklich, zu einer Familie
Gottes. In der Kirche wird die Menschheit schon als eine Familie erfahrbar. Des- halb
glauben wir ja auch, dass Gott die Menschheit als eine geschaffen hat. Nicht in der
Verschiedenheit der Rassen, der Kulturen, der Stämme, eine Verschiedenheit von
Menschen, von gar nicht untereinander gleicher Würde ausgestatteten Menschen, sondern
wirklich eine Menschheitsfamilie, die Familie der Kinder Gottes. Das ist das Ziel der
Schöpfung und in der Kirche wird es bereits sichtbar, das ist die Weite der Katholika.
Doch das ist nur die eine Dimension und sie alleine
genügt nicht, denn es gibt heute auch andere weltweite Wirklichkeiten: das Telefon, das
die ganze Welt umspannt, manche große multinationale Unternehmen, aber auch die
Technik, die die Welt zu einem "global village", zu einem Weltdorf macht, ist
eine Welt- weite, die nicht das selbe ist, wie die Weltweite der Kirche. Denn zur
katholischen Wirklichkeit der Kirche gehört auch die andere Dimension, die Dichte, die
Intensität oder die Fülle. Die ganze Fülle, die in der Kirche gegenwärtig ist.
Nirgendwo ist so dicht, so ganz, so vollständig, die Wirklichkeit Gottes gegenwärtig wie
in seiner Kirche. Der hl. Ignatius von Antiochien, ein Märtyrer- Bischof aus der
Frühzeit der Kirche - er starb um 110 den Märtyrertod in Rom - hat gesagt: "wo
Jesus Christus ist, da ist die katholische Kirche" (Brief an die Smyrnäer 8,2). Und
weil Jesus Christus in ihr ist, ist sie katholisch, das heißt: hat sie die ganze Fülle.
Der Leib Christi ist ja die Kirche, sie ist sein Leib, er erfüllt sie mit seiner ganzen
Fülle, sagt Paulus im Epheserbrief (vgl. Eph 1,23). Weil also Christus in der Kirche ist,
ist alles in ihr. Alles was Christus mit sich bringt, alles was er hat, was er ist, hat er
der Kirche, seiner Braut, die sein Leib ist, geschenkt. Deshalb ist die Kirche katholisch,
mit der ganzen Fülle Christi erfüllt, von ihm hat sie alles erhalten.
Wenn wir jetzt in dieser Betrachtung weitergehen
wollen, dann müssen wir unseren Blick einmal weg wenden von der oberflächlichen
Betrachtung der Kirche, als sei sie nur eine menschliche Organisation unter anderen, so
wie sie zu recht auch gesehen wird, wie sie aber sicher nicht alleine gesehen werden darf.
Wenn wir auf ihre innere Wirklichkeit schauen, dann sehen wir die Kirche als den
geheimnisvollen Leib Christi. Dann sehen wir das, was sie wirklich ausmacht, das woraus
sie lebt, was sie lebendig macht, das woraus sie ihre Erneuerung erfährt und
empfängt, das ist, dass sie der Leib Christi ist, und dass er ihr Haupt ist. Wenn wir die
Kirche so sehen, dann sieht es mit der Katholizität, mit der Weite der Kirche etwas
anders aus. Dann ist es nicht nur die Weltweite, die große Zahl, die die große
Katholizität der Kirche ausmacht, sondern zuerst diese intensive Wirklichkeit,
dass
Christus in ihr gegenwärtig ist. Am Pfingsttag in Jerusalem waren es nur 120 dann sind
3.000 dazugekommen, aber diese 120 in Jerusalem waren bereits die katholische Kirche. In
der Gemeinde in Jerusalem, die im Abendmahlsaal versammelt ist und die die Gabe des
Heiligen Geistes am Pfingsttag empfangen hat, war der auferstandene Herr
durch seinen Geist und mit all seinen Gaben bereits gegenwärtig und
deshalb war die Kirche in
Jerusalem ebenso katholisch, wie die Kirche es bis zum Ende der Zeit, bis zur Wiederkunft
Christi sein wird - ob sie eine Milliarde Menschen umfasst oder 120.
Freilich stellt sich jetzt da eine ganze Reihe
Fragen. Wo ist dann die katholische Kirche, kann man das ausmachen? Wer gehört dazu, wer
gehört nicht dazu? Kann man erkennen und klar sagen, das ist noch katholisch, das ist
nicht mehr katholisch, das ist wirklich katholisch? Und wenn man das halbwegs genau
sagen kann, wie ist es dann mit Christus, der ja der einzige Heilsgeber, Heilsmittler
ist? In keinem andern Namen ist Heil, als im Namen Jesus. Wenn aber Jesus dort ist, wo die
Kirche ist, wie ist es mit denen, die nicht in der Kirche sind, gibt es dann für sie kein
Heil? Wir haben alle dieses Wort gehört: "außerhalb der Kirche kein Heil".
Stimmt dieses Wort und was heißt es? Und schließlich die Frage: wenn die Kirche
katholisch war, schon in Jerusalem, warum muss sie dann wachsen? Genügt es dann nicht,
wenn die 120 dicht, gemütlich und intensiv, sehr fromm beieinander bleiben? Warum
muss
dann die Kirche hinausgehen, Mission betreiben, Menschen für die Kirche gewinnen?
Beginnen wir mit der Frage: Wo ist die
katholische Kirche konkret zu finden? Ist das eine abstrakte Idee, oder kann man
ganz real wirklich sagen: hier ist die katholische Kirche? Und dann natürlich die Frage:
kann man sagen, da ist sie aber nicht? Gibt es Grenzen, und wie sehen sie aus? Der hl.
Paulus schreibt in seinen Briefen immer wieder in der Einleitung: "an die Kirche Jesu
Christi, die in Korinth ist oder die in Rom ist". Paulus meint also
offensichtlich, dass diese kleine Christengemeinde in Korinth, die vielleicht zwei,
dreihundert Menschen maximal umfasst hat, dass diese kleine Gemeinde in Korinth die
Kirche Jesu Christi ist, die Kirche Christi in Korinth, wie wir hier heute die Kirche Jesu
Christi in Wien sind. Das Konzil sagt: in jeder recht- mäßigen, örtlichen Gemeinde ist
Jesus Christus gegenwärtig. Das Konzil erklärt: wo die Eucharistie gefeiert wird, wo
also Christus in seiner Eucharistie mitten unter den Menschen gegenwärtig ist, dort ist
die katholische Kirche. Und wenn es eine noch so kleine Gemeinde ist, und noch so arm,
irgendwo in einem Armenviertel, irgendwo verloren in der weiten Welt, wo die Eucharistie
ist, dort ist die Kirche (LG 26). Weil dort Jesus Christus ist und mit Jesus Christus die
ganze sichtbare und un- sichtbare Wirklichkeit der Kirche, die Heiligen, die Engel, ist
dort das Heil Jesu Christi gegenwärtig. Wir können also sagen, Kirche ist dort, wo
Eucharistie gefeiert wird. Nicht irgendeine Eucharistie sondern die Eucharistie, die
gemeinsam mit dem Papst und dem Bischof, in Gemeinschaft mit ihnen im rechten Glauben
gefeiert wird, dort ist die Kirche. Also können wir sagen, wo die Eucharistie ist, da
ist die Kirche. Ja man kann sagen, dass die Kirche eigentlich aufgebaut wird durch die
eucharistische Gemeinschaft. Wo Menschen um den Altar versammelt sind, Christi Wort
hören, das Opfer Christi feiern, dort ist die Kirche, weil Christus gegenwärtig ist.
Was macht aber die Kirche zur Kirche Jesu Christi? Ist einfach
jede Gemeinde katholisch? Ich bekomme immer wieder Post von Menschen, die sich
beklagen, dass dies oder jenes in einer Gemeinde geschehen ist, und die
fragen, ist das noch katholisch, was da gefeiert oder gesagt wurde oder
manchmal auch ein bisschen phantasievoll erfunden wird? Wer kann sich
katholisch nennen, wer gehört zur katholischen Kirche? - eine Frage, die nicht
einfach ohne Antwort bleiben kann. Denn die Kirche ist ja eine ganz konkrete
Gemeinschaft, und ihr zuzugehören kann nicht irgend etwas X-beliebiges sein.
Was sagt also das Konzil, das so ausführlich über die Kirche gesprochen hat?
Wer gehört dazu und wer nicht? Wer ist drinnen und wer ist draußen? Es gibt
ein "drinnen" und es gibt ein "draußen". Wer ist in der Kirche? Das Konzil
sagt: wer den Geist Jesu Christi besitzt - und das ist sicher das
Entscheidende - wer also durch das Band der Liebe, das der Heilige Geist
zwischen uns und Christus knüpft und damit auch unter uns als Band der Liebe,
wer durch dieses Band des Heiligen Geistes in der Gemeinschaft mit Christus
lebt, der ist "drinnen" in der Kirche (LG 14). Wer die Liebe Christi, die der
Heilige Geist in unser Herz legt, lebt und weiter schenkt, der ist "drinnen".
Vielleicht weiß er gar nicht, dass er das tut, vielleicht weiß er gar nicht,
dass er den Geist Christi besitzt. "Wann haben wir dich krank, nackt, arm und
gefangen gesehen und sind dir zu Hilfe gekommen?" werden manche beim jüngsten
Gericht fragen; sie haben es gar nicht gewusst, aber sie waren "drinnen". Denn
Jesus sagt: "Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir
getan "(Mt 25,40), also ward ihr in Gemeinschaft mit mir, also gehört ihr zur
Kirche.
Freilich "drinnen" sein, das heißt auch ganz konkret, auch sicht- bar, zu
dieser Gemeinschaft gehören. Das Konzil sagt deshalb weiter: "wer die ganze
Ordnung der Kirche und ihre Heilsmittel, ihre Sakramente annimmt, der gehört
zur Kirche" (LG 14). Wer sich also sichtbar mit ihr verbindet, durch das
dreifache Band, das dreifache Band, das uns sichtbar mit der Kirche verbindet.
Was sind diese drei sichtbaren Bänder der Verbundenheit mit der Kirche? Das
gemeinsame Glaubensbekenntnis mit dem wir sagen: ich glaube den Glauben der
Kirche, wir glauben gemeinsam den einen Glauben der Kirche. Das zweite Band
ist das der Sakramente: die eine Taufe, die uns verbindet, die eine Eucharistie, die so wie die Getreidekörner zu dem einen Brot
geworden sind, uns
zu dem einen Leib Christi verbindet. Und schließlich das dritte Band: das
Band der kirchlichen Gemeinschaft, auch der hierarchischen Gemeinschaft, also
die Gemeinschaft mit dem Papst und den Bischöfen. Diese drei Bänder bilden die
sichtbare Gemeinschaft der Kirche: das gemeinsame Glaubensbekenntnis, das
gemeinsame Band der Sakramente, besonders der Taufe und der Eucharistie, und
das Band der kirchlichen Gemeinschaft mit Papst und Bischöfen. So kann also
jeder prüfen, ob diese Bänder halten, sozusagen wie bei einem Fass. Wenn die
Fassbänder fehlen, dann hält das Fass nicht. Wenn diese Bänder fehlen, dann
bricht die Einheit der Kirche, dann ist nicht mehr die katholische Kirche in
uns lebendig. Wenn wir aus diesen Bändern ausscheren, uns von ihnen lösen,
dann ist in uns nicht mehr die ganze Wirklichkeit des katholisch Seins.
Aber wie ist das jetzt? Es gibt das sichtbare Band, die drei sicht- baren
Bänder, und es gibt das Band des Heiligen Geistes, das man ja auch dort finden
kann, wo Menschen nicht das sichtbare Band der Kirche haben. Wie steht das
zueinander? Da sagt das Konzil einen sehr berührenden Satz: Nicht gerettet
wird, wer zwar der Kirche eingegliedert ist, also diese drei Bänder äußerlich
wahrt, das Credo spricht, die Taufe und vielleicht die Eucharistie empfangen
hat und empfängt und auch äußerlich den Gehorsam bekennt, die Gemeinschaft mit
Papst und Bischöfen, wer also sichtbar zwar der Kirche eingegliedert ist, aber
nicht in der Liebe verharrt, oder wie das Konzil weiter sagt: "wer ‘dem Leib’
nach zwar in der Kirche bleibt, nicht aber ‘dem Herzen’ nach, der kann nicht
gerettet werden" (LG 14), es muss also beides zusammen kommen.
Gibt es außerhalb der Kirche kein Heil? Wie ist es, muss man sichtbar zur
Kirche gehören um Heil zu erlangen? Dieses Wort "außerhalb der Kirche kein
Heil", ist ein Wort, das sich zuerst an die richtet, die drinnen sind. Es ist
eine ähnliche Warnung, wie die, die wir heute im Tagesevangelium gehört haben.
Es nützt nichts, ein Baum im Weinberg des Herrn zu sein, wenn dieser Baum
keine Frucht bringt. Oder in einem anderen Bild gesagt, das die Kirchenväter
gerne verwenden: "Wenn du in der Arche bist sieh zu, dass du nicht über Bord
gehst, du würdest nicht gerettet werden, außerhalb der Kirche kein Heil.
Setze nicht aufs’ Spiel die rettende Gemeinschaft der Kirche". Das meint
zuerst das Wort "außerhalb der Kirche kein Heil". Denn sogleich sagt das
Konzil dazu: "Wer das Evangelium Christi und seine Kirche ohne Schuld nicht
kennt, jedoch Gott mit aufrichtigem Herzen sucht, und seinen durch den Anruf
des Gewissens erkannten Willen mit der Hilfe der Gnade in die Tat umzusetzen
versucht, der kann das ewige Heil erlangen.( LG 16)" Wer also um Christus
nicht weiß, wer um die Kirche nicht weiß, aber Gott aufrichtigen Herzens
dient, der wird gerettet werden, der kann das Heil erlangen. Und nun glaubt
die Kirche, dass auch der, der so das Heil erlangt, es nicht anders erlangt als
durch Jesus Christus, und das heißt, auch durch die Kirche, das heißt durch
den Leib Christi. Durch die Gemeinschaft Jesu Christi erhält auch der das
Heil, der gar nichts von der Kirche weiß, der aber mit dem Herzen Gott
aufrichtig sucht. Das Konzil fügt hinzu: "freilich auf Wegen, die Gott
alleine weiß". Auf Wegen, die Gott alleine weiß. Denn beim ihm ist nichts
unmöglich, und deshalb kann auch der, der nicht um die Kirche weiß, der nie
von Jesus Christus gehört hat, gerettet werden.
Wenn das so ist, wieso soll man dann missionieren, wenn sowie- so alle
Menschen gerettet werden können, hat dann die Mission einen Sinn? Gerade
deshalb, weil Jesus Christus für alle Menschen gekommen ist, gerade deshalb,
weil es ein solches Glück ist, ihn zu kennen, weil es unser Glück im Himmel
sein wird, Christus zu schauen und mit ihm ganz verbunden zu sein, in der
Gemeinschaft mit dem Vater und dem Heiligen Geist, muss es uns drängen, denen,
die Christus noch nicht kennen, ihn bekannt zu machen, Menschen zu Jesus
hinzuführen. Es ist gerade des- halb, weil die Kirche katholisch ist, ihr ins
innerste Herz hinein- geschrieben, dass sie missionarisch sein muss, dass sie zu
allen Völkern gesandt ist. "Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu
meinen Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten, was ich euch gesagt habe. (Mt 28,
19.20)" Was ist also der Grund, warum wir missionieren sollen? Der Beweggrund
zur Mission ist derselbe Grund, warum der Sohn Gottes Mensch geworden ist,
warum der Vater den Sohn gesandt hat. Aus diesem Grund sind auch wir
gesandt. Es gibt keinen anderen Grund für die Mission als die Liebe Gottes zu
allen Menschen. Aus ihr hat die Kirche in allen Zeiten, in jedem Jahrhundert
die Pflicht und die Kraft genommen, zu missionieren. Paulus sagt: "die Liebe
Christi drängt uns" (2 Kor 5,14). Wenn einer für alle gestorben ist, dann
müssen wir das allen kundtun, allen sagen. Und Paulus sagt anderswo: "Gott
will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit
gelangen" (1 Tim 2,4). Gott will, dass alle Menschen gerettet werden, und der
konkrete Weg dazu ist, dass sie die Wahrheit erkennen. Die Wahrheit wird ihnen
helfen, den Weg zu finden. Das Heil findet sich in der Wahrheit. Wenn wir im
Irrtum sind, wenn wir im Dunkel sind, können wir den Weg nicht finden. Wer der
Stimme seines Gewissens folgt, ohne Christus zu kennen, ohne seine Kirche zu
kennen, wer also dem Anruf seines Gewissens folgt, der folgt schon der Stimme
der Wahrheit, und er ist schon auf dem Weg zu Christus, auf dem Weg zum
Heil. Aber der Kirche, der die Wahrheit anvertraut ist, muss es ein drängendes
Anliegen sein, ein Verlangen sein, diesem Suchen der Menschen entgegenzukommen
und ihnen das Licht der Wahrheit, das Licht des Glaubens zu bringen. Weil die
Kirche glaubt, dass Gott alle Menschen retten will, legt sie die Hände nicht in
den Schoß und sagt, es kommen eh alle in den Himmel, also können wir zu Hause
bleiben, gemütlich hinter unserem Ofen. Weil die Kirche daran glaubt, dass Gott
alle Menschen retten will, muss sie missionarisch sein. Es muss uns drängen,
das, was wir empfangen haben, allen Menschen zu geben.
Die Mission, der Weg der Mission ist vor allem das Drängen des Heiligen
Geistes. Der Heilige Geist ist der große Motor der Mission. Wir sehen es in
der Apostelgeschichte, wie Paulus auf seinem Weg in der Mission immer wieder
vom Heiligen Geist gehindert oder gefördert wird. Der Heilige Geist ist der
eigentlich Antreibende, und deshalb ist auch unser Weg zur Mission ein Hören
auf den Antrieb des Heiligen Geistes. Es geht uns bisweilen wie dem
Philippus, dem Diakon Philippus, in der Apostelgeschichte, den der Heilige
Geist drängt, "geh auf den Weg, auf die Straße nach Gaza", der ihn drängt,
hinzugehen zu diesem heidnischen Kämmerer der Königin von Äthiopien und ein
Gespräch mit ihm anzufangen und ihm den Glauben zu verkünden. Kennen wir
dieses Drängen des Heiligen Geistes, das uns sagt: Jetzt sage etwas, jetzt
bezeuge deinen Glauben, jetzt tu dies oder lass jenes? Das Drängen des Heiligen
Geistes ist der eigentliche Motor der Mission. Deshalb ist es für den Weg der
Kirche so wesentlich, dass wir selber lernen, auf das Drängen des Geistes zu
hören. Er wird uns zeigen, wie wir unseren Glauben bezeugen, wie wir ihn
anderen kundtun können.
Freilich müssen wir auch dazu sagen, zum Weg der Mission der Kirche, zu ihrem
Weg als katholische Kirche, die hinaus gesandt ist zu allen Menschen, ist auch
der Weg des Kreuzes entscheidend. Die Mission der Kirche geschieht immer
wieder neu durch die Erfahrung des Kreuzes. Gerade dann, wenn es scheint, dass
die Kirche in großer Bedrängnis ist, in Verfolgung gerät, wenn sie menschlich
gesehen in ihrer Sendung behindert ist, kann sich eine große Zeit der Mission
ankündigen. Ich glaube, wir sind auch heute in einer solchen Zeit. Die
Bedrängnisse der Kirche, dass katholisch zum Spottwort wird, dass man die
katholische Kirche von allen Seiten bedrängt, das ist wohl auch ein deutlicher
Hinweis darauf, dass der Herr eine neue Mission vorbereitet. Dazu gehört auch,
dass der Boden bereitet wird durch manches Leiden. Im Konzil heißt es: "Wie
aber Christus das Werk der Erlösung in Armut und Verfolgung vollbrachte, so
ist auch die Kirche berufen, den selben Weg einzuschlagen, um den Menschen die
Früchte des Heils mitzuteilen" (LG 8).
Es sind jetzt noch viele Fragen offen, vor allem die Frage nach den Grenzen
der Kirche. Wer ist katholisch, wer ist nicht katholisch? Ich möchte auf das
eine hinweisen, "ubi Petrus ibi ecclesia", hat der hl. Ambrosius gesagt. "Wo
Petrus ist, da ist die Kirche." Gewiss es genügt nicht, nur dem Papst äußerlich
treu zu sein, ohne die Liebe des Heiligen Geistes ist, wie wir gesehen haben,
eine wirkliche Zugehörigkeit zur Kirche nicht möglich. Aber anderseits können
wir auch sagen, ohne das sichtbare Band der Einheit geht auch - oder zumindest
besteht dafür die Gefahr - das Band der Liebe verloren. Deshalb ist es so entscheidend,
dass wir in der Einheit des Glaubens, in der Einheit der Sakramente,
in der Einheit mit Petrus und den Nachfolgern der Apostel, den Weg des
Glaubens gehen. Und so möchte ich zum Schluss ein Gebet der hl. Katherina von
Siena beten, die so intensiv für die Einheit der Kirche gebetet hat und die
mit der Hingabe ihres ganzen Herzens dafür gebetet hat, dass die katholische
Fülle in der Kirche lebendig bleibt. Sie hat dieses Gebet kurz vor ihrem Tod
gesprochen, wenige Tage danach ist sie gestorben. Mit diesem Gebet möchte
ich die heutige Katechese schließen.
Ewiger Vater, Dir opfere ich armer Sünder mein Leben und meine Liebe zu Deiner
geliebten Braut, der Heiligen Kirche. Dir sei sie empfohlen, ewiger Gott. Ich
empfehle Dir meine Lieben und Freunde und bitte Dich, ewiger, hoher Gott,
suche sie heim mit Deiner Gnade, lass sie wandeln im wahren, vollkommenen Licht
und mach sie Eins, durch das süße Band Deiner Liebe, dass sie sich selber
sterben und leben für Deine Heilige Kirche. Gib uns, oh Vater, Deinen Segen.
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