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4. Fastensonntag
1. Lesung: Jos 5, 9a.
10-12 |
Das Gleichnis vom verlorenen Sohn, vielfach auch genannt "das Gleichnis vom barmherzigen Vater", könnte auch einen dritten Namen bekommen: "Das Gleichnis vom zornigen Bruder"; je nachdem, mit welcher Person wir uns am meisten identifizieren.
Wir verdanken diese Erzählung dem Evangelisten Lukas, der allein sie als so genanntes "Sondergut" im 15. Kapitel seines Evangeliums uns überliefert. Dort ist auch die Rede von anderen verlorenen Dingen: einem verlorenen Schaf und einer verlorenen Drachme.
Aus dem Umfeld erkennen wir, warum Jesus diese Gleichnisse erzählt. Was möchte er verständlich machen? - Sie sind Antwort auf eine böse Kritik der Pharisäer und Schriftgelehrten, die sich über die Botschaft Jesu empörten und über sein Verhalten sagten: "Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen."
Jesus möchte sein Verhalten rechtfertigen und zu einer höheren Einsicht führen, durch die Tatsache, wie sehr man sich darüber freut, Verlorenes wieder zu finden. Er spricht die Pharisäer und Schriftgelehrten direkt an, bringt ein Beispiel mit einer Frau, und dann mit einem Vater, der es nahe legt, an den Vater im Himmel zu denken. - Über allem soll die Freude stehen, dass ein Sünder umkehrt, die Freude der Versöhnung.
Beides ist uns aufgetragen: Umkehr und Versöhnung. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn meint uns, dass wir umkehren zum Vater, neu den Weg zu Gott suchen. Und die Bereitschaft des Vaters, den verlorenen Sohn wieder aufzunehmen, wird auch von uns oft abverlangt. Der barmherzige Vater ist nicht nur der Vater im Himmel, "der uns durch Christus mit sich versöhnt ... hat", auch uns ist der "Dienst der Versöhnung aufgetragen", wie wir in der Lesung gehört haben. - "Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!"
Der Vater gibt den Sohn frei, er gibt ihm, das was ihm zusteht, er lässt ihn eigene Wege gehen. Er geht ihm nicht nach, er lässt ihn selbst zur Einsicht gelangen.
Im Gleichnis begleiten wir den Sohn in die Fremde: Er verschleudert sein Vermögen, er hütet die Schweine, hat Hunger und will doch wieder heimkehren.
Erst bei der Heimkunft des Sohnes, erahnen wir, was auch der Vater durchgemacht hat, wie sehr er an seinen Sohn gedacht haben muss, weil er ihn liebte und herbeisehnte. Von weitem schon sah er ihn kommen, wahrscheinlich hatte er Ausschau gehalten, "und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn."
Die Begegnung ermutigt uns zu einer Umkehr, immer neu ein Leben in der Gnade Gottes zu beginnen. Sie mahnt aber auch jeden Beichtvater, ein barmherziger Vater zu sein. Und jeder Christ muss bereit sein, einem zu vergeben, der darum bittet. - Das Ideal wäre ja, auch dem zu vergeben, der nicht darum bittet.
Wir erfahren nicht, ob das Gleichnis vom verlorenen Sohn, die Geschichte vom barmherzigen Vater, im letzten wirklich gut ausgeht. Es bleibt offen, ob auch der zornige Bruder bereit ist, die Barmherzigkeit seines Vaters anzunehmen, zu akzeptieren. Der Bruder ist ein Realist, er hat ja recht, aber er denkt nicht so wie sein Vater, da ist keine Freude und nicht die Liebe des Vaters.
Wirklich schön wird die Geschichte erst dann sein, wenn auch der zornige Bruder bereit sein wird, so zu denken wie sein Vater. Auch von diesem Bruder ist eine Umkehr notwendig, die dann ganz wesentlich zum Frieden und zur Freude des Festes beitragen wird. Von ihm ist eine innere Umkehr des Denkens gefordert.
Das erinnert an ein Wort, das Jesus einmal an Petrus richtet: " Weg mit dir, Satan, ... denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen." - Petrus geht nicht, Gott sei Dank, und wir hoffen, dass auch der zornige Bruder nicht geht, dass er bereit sein wird, so zu denken, wie sein Vater es ihm nahe legt.
Der zornige Bruder hat es vielleicht noch viel schwerer als der "verlorene Sohn", der durch seine Not zur Einsicht gelangt ist, der ja gar nicht anders konnte, als wieder heimzukehren zum Vater. Von ihm ist Gerechtigkeit verlangt nicht nach dem eigenen Denken, sondern nach dem Denken des Vaters.
"Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen." - Nächsten Sonntag heißt es in der Lesung: "Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, ... sondern .. die Gerechtigkeit, die Gott ... schenkt."
In der Gemeinschaft der Kirche, die gemeinsam ein Fest feiert, sind wir nicht nur zu Umkehr und Barmherzigkeit gerufen, sondern wirklich auch zu einer Wandlung des Denkens.
Was der Herr an seinem Volk als Geschenk begonnen hat zu wirken, das ist für uns ein Auftrag für die Zukunft. Wir sollen ein Fest feiern, nicht ein Mastkalb schlachten, auch keinen Ziegenbock, das eigentliche Pascha und Manna, Opfer und ungesäuertes Brot, ist Jesus Christus.
Gott, der Vater, hat uns durch seinen Sohn zur Umkehr gerufen, er hat uns "durch Christus mit sich versöhnt ... damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden." Er ist der Weg zum Vater, die Tür in das Haus des Vaters, er ist das Opfer, "das Lamm, das geschlachtet wurde" zur Vergebung der Sünden.
Als Kirche finden wir uns sehr wohl im Gleichnis wieder. Alle sind wir geladen zum Fest der Freude und der Versöhnung als Vater, als Sohn, als Bruder, nichts soll uns trennen von der einen Mitte: Jesus Christus.
Amen.
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