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6. Sonntag der Osterzeit

Das Predigten und Fürbittenbuch - www.kirchenweb.at

1. Lesung: Apg 10, 25-26. 34-35. 44-48
2. Lesung: 1 Joh 4, 7-10
Evangelium: Joh 15, 9-17

 

Auch das heutige Evangelium bereitet uns schon sehr auf das Pfingstfest vor. Denn die Liebe ist "Vorbedingung" dafür, dass Gott zu uns kommt; wir können auch sagen, dass sich in der Liebe das Zu-uns-kommen Gottes ereignet.

Zu Pfingsten soll sich ereignen, was Jesus vorausgesagt hat: "Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen."

Durch Liebe haben wir Sehnsucht nach einem unendlichen Glück. Letztlich wird es so sein, dass unser Verlangen nach Liebe erst in Gott die eigentliche Erfüllung findet.

Die folgenden Sätze gehören zu den wohl schönsten des Katholischen Katechismus:

"Das Verlangen nach Gott ist dem Menschen ins Herz geschrieben, denn der Mensch ist von Gott und für Gott erschaffen. Gott hört nie auf, ihn an sich zu ziehen. Nur in Gott wird der Mensch die Wahrheit und das Glück finden, wonach er unablässig sucht."

"Gott ist die Liebe", und er wird durch Liebe erfahrbar. - Was Liebe bedeutet, das sagt das Evangelium in ganz wunderbarer Weise: "Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt."

Damit ist auch gesagt, was Liebe nicht ist; und plötzlich erkennen wir den eigentlichen Sinn des Kreuzes und freilich auch den großen Anspruch: "Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe."

Was Jesus am Kreuz endgültig besiegelt hat, das hat er in der Fußwaschung vorweggenommen. Sie erinnern sich an die Worte von Jesus, die jedes Jahr am Gründonnerstag auch an uns gerichtet sind: "Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe."

Ich glaube, ganz gut zum heutigen Sonntag passt die Geschichte von den beiden Brüdern auf dem Berg Morija:

"Zwei Brüder wohnten einst auf dem Berg Morija. Der jüngere war verheiratet und hatte Kinder, der ältere war unverheiratet und allein. Die beiden Brüder arbeiteten zusammen, sie pflügten das Feld zusammen und streuten zusammen den Samen aus. Zur Zeit der Ernte brachten sie das Getreide ein und teilten die Garben in zwei gleiche Stöße, für jeden einen Stoß Garben. Als es Nacht geworden war, legte sich jeder der beiden Brüder bei seinen Garben nieder, um zu schlafen. Der ältere aber konnte keine Ruhe finden und sprach in seinem Herzen: ‘Mein Bruder hat eine Familie, ich dagegen bin allein und ohne Kinder, und doch habe ich gleich viele Garben genommen wie er. Das ist nicht recht.’ Er stand auf, nahm von seinen Garben und schichtete sie heimlich und leise zu den Garben seines Bruders. Dann legte er sich wieder hin und schlief ein.

In der gleichen Nacht nun, geraume Zeit später, erwachte der Jüngere. Auch er musste an seinen Bruder denken und sprach zu seinem Herzen: ‘Mein Bruder ist allein und hat keine Kinder. Wer wird in seinen alten Tagen für ihn sorgen?’ Und er stand auf, nahm von seinen Garben und trug sie heimlich und leise hinüber zum Stoß des Älteren.

Als es Tag wurde, erhoben sich die beiden Brüder, und wie war jeder erstaunt, dass ihre Garbenstöße die gleichen waren wie am Abend zuvor. Aber keiner sagte dem anderen ein Wort. In der zweiten Nacht wartete jeder ein Weilchen, bis er den anderen schlafend wähnte. Dann erhoben sie sich, und jeder nahm von seinen Garben, um sie zum Stoß des anderen zu tragen. Auf halbem Weg trafen sie plötzlich aufeinander, und jeder erkannte, wie gut es der andere mit ihm meinte. Da ließen sie ihre Garben fallen und umarmten einander in herzlicher brüderlicher Liebe. Gott im Himmel aber schaute auf sie hernieder und sprach: ‘Heilig, heilig sei mir dieser Ort. Hier will ich unter den Menschen wohnen.’"

Amen.

 

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