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31. Sonntag im Jahreskreis
1. Lesung: Mal 1, 14b -
2, 2b. 8-10 |
Wir sollen nicht abirren von dem Weg, der Christus ist, bedacht sein, den Namen des Herrn "in Ehren zu halten" und nicht treulos handeln, "einer gegen den andern".
Die alttestamentliche Lesung enthält ein sehr neutestamentliches Gedankengut: Sie spricht vom Bund, betrifft unser Herz und beinhaltet das Hauptgebot von Gottes- und Nächstenliebe.
Die Weisung: "Haltet den Namen Gottes in Ehren", gewinnt an Bedeutung, wenn wir überlegen, was der "Name" bedeutet: Der "Name" bedeutet im biblischen Sinn die "Gegenwart".
Haltet also "die Gegenwart Gottes" heilig! - Das heißt, wir müssen uns zunächst einmal dieser "Gegenwart bewusst werden" und dann in ihr so leben, wie es der Gottverbundenheit entspricht.
Sie kennen das Gebet: "Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat." - Der Name des Herrn, seine stete Gegenwart, die uns von allen Seiten umschließt, bedeutet für uns Hilfe und Kraft, eine Kraft, die uns nicht nur äußerlich umschließt, vielmehr auch eine innere Lebensquelle ist, durch den Geist Gottes, der in uns wohnt.
Die alttestamentliche Lesung enthält das Gebot der Nächstenliebe: Handelt nicht treulos, "einer gegen den andern". - Die Liebe erweist sich in der Treue.
Im "Hohelied der Liebe", da heißt es auch:
"Die Liebe ist langmütig,
die Liebe ist gütig. ...
Sie erträgt alles, ...
hält allem stand.
Die Liebe hört niemals auf."
Durch Gottes Gegenwart und das mitmenschliche Bemühen wird Gottes Wort in uns, "den Gläubigen, wirksam." Vom Apostel Paulus werden wir nicht nur angeleitet zu einer geschwisterlichen Liebe, er spricht sogar von einer mütterlichen Liebe, die in der Gemeinde gelebt werden soll: "Wie eine Mutter für ihre Kinder sorgt, so waren wir euch zugetan".
Das große Anliegen des Evangeliums ist es, dass die Gemeinde eine geschwisterliche Gemeinschaft ist um Jesus Christus, und dass von ihm gelernt wird. - "Einer ist euer Lehrer, Christus."
Von Jesus Christus werden wir eingeladen: "Kommt ... zu mir ... und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig". - Es gilt zu lernen, in rechter Weise füreinander da zu sein.
Das fordert nicht nur gewaltige Opfer, manchmal genügt ein kleines Zeichen:
"Während seines Pariser Aufenthaltes ging Rilke täglich um die Mittagszeit in Begleitung einer jungen Französin an einer alten Bettlerin vorbei. Stumm und unbeweglich saß die Frau da und nahm die Gaben der Vorübergehenden ohne jedes Anzeichen von Dankbarkeit entgegen. Der Dichter gab ihr zur Verwunderung seiner Begleiterin, die selbst immer eine Münze bereit hatte, nichts. Vorsichtig darüber befragt, sagte er: Man müsste ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand. An einem der nächsten Tage erschien Rilke mit einer wundervollen, halberblühten Rose. Ah, dachte das Mädchen, eine Blume für mich, wie schön! Aber er legte die Rose in die Hand der Bettlerin.
Da geschah etwas Merkwürdiges: Die Frau stand auf, griff nach seiner Hand, küsste sie und ging mit der Rose davon. Eine Woche lang blieb sie verschwunden. Dann saß sie wieder auf ihrem Platz, stumm, starr wie zuvor. Wovon mag sie die ganzen Tage über gelebt haben? Rilke antwortete: Von der Rose!"
Um diese Predigt nun doch mit einem biblischen Satz zu schließen, so fällt mir dazu die Weisung aus dem Philipperbrief ein: "Seid so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht". - Und nachdem Jesus das "Beispiel vom barmherzigen Samariter" erzählt hat, sagt er am Schluss: "Gehe hin und tue desgleichen."
Amen.
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