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25. Sonntag im Jahreskreis
1. Lesung: Jes 55, 6-9 |
Immer wieder fasziniert die Lebenserfahrung und der tiefe Glaube des Apostels Paulus. Er weiß um seine Aufgabe und Sendung, um den Wert seines Lebens, und er ist erfüllt von einem Glauben, der für ihn Gewissheit ist. Paulus hat in sich eine Sehnsucht zum Himmel hin, er möchte "aufbrechen und bei Christus sein", für ihn "ist Christus das Leben, und Sterben Gewinn."
Dürfen wir als Christen eine "Todessehnsucht" haben? - Die Frage ist, so meine ich, nicht richtig gestellt.
Eine ältere Frau, die nicht mehr viel im Leben zu erwarten hatte, die täglich starke Schmerzen hatte und sehr viel alleine war, klagte einmal und dann immer öfter: "Ich möchte schon so gerne sterben." Und beim steten Wiederholen dieses Wunsches wurde sie von Tag zu Tag unglücklicher. Dabei war diese Frau wirklich eine gläubige Frau; und sie hatte auch schon ein wenig Gewissensbisse, ob man überhaupt so sprechen dürfe. So habe ich ihr folgenden Rat gegeben: Sagen Sie nicht: "Ich möchte schon so gerne sterben", sagen Sie: "Ich möchte schon so gerne beim lieben Gott sein", das klingt ganz anders und ist nicht so traurig. - Und tatsächlich, dieser Gedanke hat die Frau von Tag zu Tag glücklicher gemacht.
Der Himmel soll etwas Wunderbares sein, auch wenn wir uns die jenseitige Herrlichkeit gar nicht vorstellen können. Alle Bilder und Vergleiche, selbst die Geschichten und Gleichnisse von Jesus, sind nur ein irdisches und menschliches Bild für eine göttliche Wirklichkeit, die wir noch nicht erfassen können.
Im Katechismus wird der Himmel so umschrieben:
"Dieses vollkommene Leben mit der allerheiligsten Dreifaltigkeit, diese Lebens- und Liebesgemeinschaft mit ihr, mit der Jungfrau Maria, den Engeln und allen Seligen wird der Himmel genannt. Der Himmel ist das letzte Ziel und die Erfüllung der tiefsten Sehnsüchte des Menschen, der Zustand höchsten, endgültigen Glücks."
Das heutige Evangelium ist eine bildliche Geschichte, die uns das Wesen des Himmels erschließen möchte; es geht um das "Himmelreich", aber nicht nur um das jenseitige: Mit der Arbeit im Weinberg des Herrn ist die Kirche mit angesprochen. Es gehört ja zum Wesen des Gottesreiches, jetzt schon unter uns zu sein; es ist noch nicht vollendet, aber doch zugegen:
"Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch."
Wir alle sind eingeladen, zur Mitarbeit im Weinberg des Herrn; wir alle sind eingeladen, gemeinsam den Weg zu gehen zum Ziel des Lebens in der Gemeinschaft mit Gott; und wir alle sollen einen Lohn empfangen. Schon jetzt erfahren wir uns beschenkt durch ein Leben "in Fülle" und sind dankbar für den Wert unseres Glaubens, und Jesus hat uns die Zuversicht gegeben: "Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen".
Im Himmel werden wir sicher nicht allein sein. Haben wir die Hoffnung, unsere Verstorbenen wieder zu sehen, mit ihnen auf das innigste vereint zu sein in der Gemeinschaft der Heiligen, so gilt das auch für die Kirche: Wir sind nicht allein. - "Was ist die Kirche anderes als die Versammlung aller Heiligen?"
Das Gleichnis vom Weinberg des Herrn ermutigt uns zu einer Umkehr: Es ist nie zu spät, neu zu beginnen. Immer kann ein Anfang sein, was das Leben mit Gott betrifft.
Das war auch das Anliegen der heutigen Lesung, die wir aus dem Alten Testament gehört haben: "Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt, ruft ihn an, solange er nahe ist ... kehre um ..."
Es kommt nicht darauf an, wie viele Stunden einer im Weinberg des Herrn gearbeitet hat. Entscheidend in unserem Gleichnis ist, dass jeder irgendwann einmal den Ruf zur Mitarbeit, den Ruf zur Umkehr, gehört hat und ihm gefolgt ist. - Irgendwann in seinem Leben muss der Mensch sich doch bewusst dafür entschieden haben: Ich möchte zum Herrn gehören.
Es sollte auch im Leben einer Pfarrgemeinde keinen Unterschied geben, zwischen denen, die schon ewig lange in der Pfarre mitarbeiten, und denen, die erst neu einen Anschluss suchen. - "Ihr alle seid eins in Christus".
Es gibt in der Gemeinschaft der Pfarre nur diese eine gemeinsame Mitte: Jesus Christus. Und es gibt im Weinberg des Herrn nur diesen einen "Lohn": Jesus Christus, nicht mehr und nicht weniger.
Gott hat uns mit seinem Sohn alles gegeben. Und auch der himmlische Lohn wird für alle - so ungerecht das zunächst klingen mag - gleich, ja ein und derselbe sein: Gott, die Fülle seiner Liebe, Vollendung und Glück in einem Übermaß, das man nicht in Zahlen messen kann; er wird dann einfach alles sein, "alles in allem", nicht mehr und nicht weniger.
"Gott allein genügt."
Amen.
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