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22. Sonntag im Jahreskreis

Das Predigten und Fürbittenbuch - www.kirchenweb.at

1. Lesung: Jer 20, 7-9
2. Lesung: Röm 12, 1-2
Evangelium: Mt 16, 21-27

 

Eine arabische Fabel erzählt:

"Eine Auster klagt der anderen: ‘Ich habe Schmerzen; es ist, als trüge ich eine Kugel aus Blei in meinem Leib. Was soll daraus werden ...?’ Die andere Auster erwidert stolz: ‘Ich fühle mich kerngesund, bin munter und fidel. Du wirst an deiner Kugel noch sterben; ich habe das Leben noch vor mir.’ Ein Krebs, der dem Gespräch der beiden gelauscht hat, meint: ‘Was verstehst du stolze Auster schon vom Leben? Du meinst, Jugend, Schönheit und Gesundheit seien alles. - Sie hat zwar Schmerzen, aber sie trägt eine Perle in sich.’"

Ist es nicht ähnlich mit dem geheimnisvollen Sinn des Kreuzes? Nehmen wir nicht so manches Opfer auf uns, weil wir wissen, dass Gutes aus diesem ersteht?

Das Johannesevangelium tröstet uns mit diesem sehr einsichtigen Wort: "Euer Kummer wird sich in Freude verwandeln. Wenn die Frau gebären soll, ist sie bekümmert, weil ihre Stunde da ist; aber wenn sie das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an ihre Not über der Freude, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist."

Das Gleichnis von der Auster und der Perle stammt aus der arabischen Welt. Auch andere Kulturen vermitteln eine Lebensweisheit, die durchaus unserem christlichen Denken entspricht. Die Bibel spricht nicht von Austern, sehr wohl aber von Perlen:

Es gilt, alles aufzugeben, um die eine Perle zu erwerben. - Die Perle ist ein Sinnbild für den Schatz im Himmel, für das ewige Leben. Und Jesus selbst wird als Perle bezeichnet.

Ein ähnliches Gleichnis aus der heiligen Schrift ist uns allen bekannt: das Gleichnis vom Weizenkorn: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht."

Das Gleichnis vom Weizenkorn soll sich nicht erst erfüllen und zutreffen, wenn wir sterben, es will im Leben angewendet und erfahren werden:

"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach."

Diese Worte scheinen aufs erste hart und zu schwer. - An einer anderen Stelle ermutigt uns Jesus aber: "Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht."

Heute redet man sehr viel von "Selbstverwirklichung". Es ist ein eigenartiger Widerspruch, dass Selbstverwirklichung letztlich nur erreicht wird durch Selbstverleugnung: "Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen."

Es ist dies die "innere Logik" der Frohbotschaft, dass Gott alles "verkehrt" macht: "Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen." - "Die Letzten werden die Ersten sein und die Ersten die Letzten."

In der Eucharistie feiern wir Tod und Auferstehung des Herrn. Möge der Herr alles Leid in Freude verwandeln:

"Jedes Opfer, jedes Leid,
nimm es mit in deinen Tod,
lass es mit dir auferstehen,
und wandle es in Leben!"

Amen.

 

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