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7. Sonntag im Jahreskreis

Das Predigten und Fürbittenbuch - www.kirchenweb.at

1. Lesung: Lev 19, 1-2. 17-18
2. Lesung: 1 Kor 3, 16-23
Evangelium: Mt 5, 38-48

 

Die berühmte Autorin Astrid Lindgren erzählte anlässlich der Verleihung eines Friedenspreises folgende Begebenheit:

"Sie war eine junge Mutter zu der Zeit, als man noch an diesen Bibelspruch glaubte ‘Wer die Rute schont, verdirbt den Knaben’. Im Grunde ihres Herzens glaubte sie wohl gar nicht daran, aber eines Tages hatte ihr kleiner Sohn etwas getan, wofür er ihrer Meinung nach eine Tracht Prügel verdient hatte, die erste in seinem Leben. Sie trug ihm auf, in den Garten zu gehen und selber nach einem Stock zu suchen, den er ihr dann bringen sollte. Der kleine Junge ging und blieb lange fort. Schließlich kam er weinend zurück und sagte: ‘Ich habe keinen Stock finden können, aber hier hast du einen Stein, den kannst du ja nach mir werfen.’ Da aber fing auch die Mutter an zu weinen, denn plötzlich sah sie alles mit den Augen des Kindes. Das Kind musste gedacht haben, ‘meine Mutter will mir wirklich weh tun, und das kann sie ja auch mit einem Stein’.

Sie nahm ihren kleinen Sohn in die Arme, und sie weinten eine Weile gemeinsam. Dann legte sie den Stein auf ein Regal in der Küche, und dort blieb er liegen als ständige Mahnung an das Versprechen, das sie sich in dieser Stunde gegeben hatte: ‘Niemals Gewalt!’"

Der "Stein des Anstoßes" wurde zu einem "Stein der Erkenntnis", zu einem Spiegel, sich selbst gegenüber.

Auch die Lesungen und das Evangelium der Heiligen Schrift wollen so ein Spiegel sein, der in Frage stellt, ob nicht auch wir oft lieblos sind.

Die Lesung aus dem Alten Testament beinhaltet einen ganz wesentlichen Kernsatz, der eigentlich über allem steht: "Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig." - In diesem Auftrag ist ja auch das Gebot der Liebe enthalten!

Im Neuen Testament begegnet uns wiederholt dieser Gedanke, an Gott Maß zu nehmen: "Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist", so heißt es bei Lukas; " Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist", bei Matthäus.

Freilich, die Paradiesesgeschichte sagt uns, wir sollen nicht so sein wollen wie Gott - oberster Richter, der Herr über Leben und Tod -; und doch ist der Mensch dazu berufen, am Wesen Gottes Anteil zu haben, soll er als sein Abbild das verwirklichen, was Gott ist: Liebe.

Vergleichen wir wieder Altes und Neues Testament, erkennen wir: Das Gebot der Nächstenliebe - "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" - besteht schon im Alten Testament; neu ist im Neuen der Auftrag, nicht nur den Stammesgenossen, sondern auch den Feind zu lieben:

"Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen". Im Römerbrief schreibt Paulus sogar: "Segnet eure Verfolger; segnet sie, verflucht sie nicht!"

Das ist doch eine gute Idee, ein Mittel der Wehrlosigkeit, das zum Besseren ändert.

"Von einem alten chinesischen Kaiser wird berichtet, dass er das Land seiner Feinde erobern und sie alle vernichten wollte. Später sah man ihn mit seinen Feinden speisen und scherzen. ‘Wolltest du nicht die Feinde vernichten?’ fragte man ihn. ‘Ich habe sie vernichtet’, gab er zur Antwort, ‘denn ich machte sie zu meinen Freunden!’"

Nächstenliebe, auch die Feindesliebe, begründet sich in der Vollkommenheit Gottes, die auch uns aufgetragen ist, und in der Würde des anderen Menschen. Jeder Mensch ist nicht nur allein für sich ein Abbild Gottes; auch der andere, und auch der Feind, ist als Abbild Gottes von Gott in diese Welt gestellt! Jeder Mensch verbirgt in sich das Antlitz Jesu; nicht nur ich allein bin "ein Tempel des Heiligen Geistes". - "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."

"Ein indisches Märchen erzählt von einem Hund, der in einem Zimmer umherirrte, in dem alle Wände Spiegel waren. Er sah plötzlich viele Hunde. Da wurde er wütend, fletschte die Zähne und knurrte. Alle Hunde im Spiegel wurden ebenso wütend, fletschten die Zähne und knurrten. Der Hund erschrak und fing an, im Kreis herumzulaufen, solange bis er schließlich tot zusammenbrach.

Hätte er nur ein einziges Mal mit dem Schwanz gewedelt: Alle seine Spiegelbilder hätten ihm ein freundliches Bild zurückgeworfen!"

Amen.

 

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