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6. Sonntag im Jahreskreis
1. Lesung: Sir 15, 15-20 |
"Der Mensch hat Leben und Tod vor sich;
was er begehrt, wird ihm zuteil."
Dazu eine Geschichte: Die Geschichte von der "Zähmung der Tiere"
"Eine alte Geschichte berichtet von einem Einsiedler. Der klagte oft, dass
er so viel zu tun habe. Darüber wunderten sich die Leute, und sie fragten ihn,
was denn das eigentlich wäre. Er erklärte es:
Ich habe zwei Falken zu zähmen, zwei Sperber abzurichten, zwei Hasen aufzuhalten, eine Schlange zu behüten, einen Esel zu beladen, Pferde zu satteln und einen Löwen zu bändigen.
Nun ja, sagten die Leute, das ist allerdings viel; da ist die Zeit ausgefüllt. Aber wo ist denn die ganze Menagerie? Wo sind die Tiere, von denen du da redest? Wir sehen doch nichts davon.
Da erzählte der Einsiedler auf eine Weise von diesen Tieren, dass sie ihn alle verstanden. Denn solche hatten sie zu Hause auch. Übrigens: wir auch.
Die zwei Falken, das sind unsere Augen, die sich auf alles stürzen, manchmal zu Stielaugen werden und sich da und dort festkrallen. Es ist oft schwierig, sie zu zähmen.
Und die zwei Sperber? Diese Greif-Vögel? Das sind unsere Hände, die zupacken. Und was sie einmal haben, das lassen sie nicht wieder los. Manchmal geraten sie auch außer Kontrolle. Dabei könnten sie etwas anderes tun: Sie könnten streicheln, lindern, helfen, loslassen.
Und die zwei Hasen, die wir aufzuhalten haben? Manchmal schwierig genug - unsere Füße, die mit uns auf und davon gehen, dahin und dorthin, Haken schlagen, uns unstet machen.
Am schwersten ist die Schlange zu zähmen, die hinter dem Gehege unserer Zähne: die Zunge. Einer hat einmal gesagt: 32 Zähne sind machtlos gegen eine Zunge! Nicht umsonst spricht man so manches Mal von Doppelzüngigkeit. Aber diese Zunge kann auch trösten, Gutes sagen.
Und dann ist ein Esel zu beladen: unser Körper. Wie oft gleicht er einem solchen Tier. Ist er überlastet, wehrt er sich, schlägt aus, macht nicht mehr mit, ist störrisch wie ein Esel. Und dabei brauchen wir ihn.
Und dann gilt es noch einen Löwen zu bändigen. Vom Löwen sagt man, er sei der König der Tiere - so wie das Herz die Zentrale der Macht ist, Sitz für großen Mut, aber auch Keimzelle des Hasses und der Rache. Das Herz - ein trotzig und verzagt Ding. Aber es kann auch großherzig sein.
Wir werden heute, obwohl uns niemand diese Menagerie ansieht, genug zu tun haben, mit ihr fertig zu werden."
Eine zweite Thematik, die im Evangelium angesprochen wird: "Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein". Das meint grundsätzlich die Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit - Du sollst nicht lügen.
In Bezug zum Thema der Lesungen: Es ist manchmal notwendig Nein zu sagen - zu sich selbst! -
Interessant ist, dass Gott immer ein JA sagt zu uns Menschen, ein JA der Liebe, ein JA der Annahme.
Auch wenn Gott in seiner Vorsehung für uns so entscheidet, dass wir sein Ja als Nein empfinden. Wenn unsere Wünsche nicht in Erfüllung gehen, unsere Gebete scheinbar nicht erhört werden, Gott sichtlich ein Nein gesprochen hat; - es war von Gott her dennoch ein JA! Ein JA zum Besseren, zu dem, was Gott uns zugedacht hat.
Mit der Empfängnis hat Gott ein JA zum Leben eines jeden Menschen gesagt. Die Taufe hat dieses JA besiegelt: Er hat uns angenommen als sein Gotteskind.
Ein schöner Augenblick ist es am Tag der Erstkommunion, wenn am Abend bei der Kindersegnung jedes Kind ein Kreuzzeichen auf die Stirn bekommt mit den ganz einfachen Worten: "Der liebe Gott hat dich lieb."
Diese Geste hat mir neu bewusst gemacht: Gerade im Kreuz sagt Gott ein JA zum Menschen. Gerade im Kreuz nimmt Gott den Menschen an, erbarmt sich Gott des Menschen, in all seinem Leid, in Krankheit und im Tod.
Es geht nun darum, dass wir in Selbstbeherrschung an uns arbeiten und in Wahrhaftigkeit immer mehr dem ähnlich werden, der gesagt hat: "Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben".
Amen.
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