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Hochfest der Geburt des Herrn VI
1. Lesung: Jes 9, 1-6 |
Voriges Jahr war in Wien eine Jesuskindausstellung. Mehr als hundert italienischer Jesuskindfiguren des 18. bis frühen 20. Jahrhunderts aus einer privaten Sammlung waren im Palais Harrach - sicherlich sehr lohnenswert - zu bestaunen.
"Lange bevor die Weihnachtskrippe mit ihren erzählenden Szenen entstand, bildeten kleine Figuren des Jesuskindes den Mittelpunkt der weihnachtlichen Festesfreude."
Die Jesuskindfiguren waren einander alle sehr ähnlich, und doch hatten sie sehr unterschiedliche Aussagen. In ihrer Darstellung verfolgten sie ein gewisses "Programm", hatten sie einen ganz bestimmten Verkündigungsgehalt:
Da waren zunächst die Jesuskinder, die wirklich hilflos, nackt und bloß, in einer Krippe lagen, die bewusst werden ließen, wie groß das Weihnachtsgeheimnis ist, dass sich der allmächtige Gott erniedrigt zu einer Menschwerdung in Armut und Hilflosigkeit.
Die Liebe zu Jesus hat die Menschen bewogen, das Kindlein zu bekleiden, es zu wiegen und aufzustellen. Die Kleider waren kunstvoll bestickt, mitunter hatten sie ein Christusmonogramm nicht nur als Zierde, vielmehr als Verkündigung: Dieses Kind ist Jesus, der Christus.
Jesuskindfiguren mit kostbaren Kleidern, Schmuck und Krönchen aus Silber und Gold wurden auch "kleiner König" genannt. - Oft hält das Jesuskind ein Zepter in der Hand oder einen Reichsapfel. - Christus, der König, der Herrscher über Himmel und Erde, ist hier als Kind dargestellt.
Eine besondere Rarität unter den Jesuskindern war das "Schlafende
Jesuskind im Paradiesgarten": Unter einem Bäumchen mit Früchten, neben blühenden Rosen und bunten Blumen, schlummert bedeckt mit einem Sternenkleid das Jesuskind. Abgesehen vom Kitsch hat die Darstellung "Jesus im Paradiesgarten" schon auch einen theologischen Gehalt:
Jesus ist der "neue Adam", in Jesus wird das Alte erneuert, eine "neue Schöpfung" bricht an. - Der friedvolle Schlaf eines Kindes lässt auch erahnen, wie schön es in der Zukunft sein wird: Das Reich des Friedens und paradiesische Zustände kommen mit Jesus Christus auf uns zu! - Mit diesem Kind bekommt der Mensch wieder neu Zugang zum "Baum des Lebens", damit er "davon isst und ewig lebt!" - Wird das Kreuz des Herrn zum neuen Baum des Lebens, so beziehen sich diese Worte auf die Eucharistie: "Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben."
Dann haben wir ein Jesuskind, das auf einem Diwan liegt, natürlich alles kostbar verziert mit Pölsterchen und Quasten, es ist bekleidet mit einem weißen Hemdchen. Sehr ernst - aber liebevoll - schaut es auf den Betrachter, streckt seine Hand ihm entgegen und möchte etwas geben.
Man kann schwer erkennen, was es eigentlich ist. Von Ferne schaut es aus wie ein Christbaumzuckerl. Näher betrachtet ist es aber ein Herz, und jetzt erschrecken Sie nicht: ein rotes Herz, aus dem Blut herausströmt.
Tatsächlich ist dieses zunächst einmal so niedlich anzusehende Kind in Wahrheit ein so genanntes "Passionskind". - Sollte man staunen: "Was hat das 19. Jahrhundert aus einem Jesuskind gemacht!?" oder staunen über die Aussage: Dieses Kind wird für Dich sein Leben geben. Es gibt seine Liebe: das Herz, das Quelle wird für das neue und ewige Leben!
Jesus gibt kein Zuckerl. Ein anderes Jesuskind hält nicht nur ein brennendes Herz in der Hand, es reicht dem Betrachter ein Kreuz. - Wenn das Jesuskind ein Kreuz in Händen hält, verkündet diese Darstellung:
Dieses Kind wird sich am Kreuz als dein Heiland erweisen. Beim Tod dessen, der hier als Kind vor mir ist, erkennen wir: "Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn."
Reicht der "Jesusknabe mit Kreuz" das Zeichen der Passion stillschweigend dem Betrachter - oder nimmt er es von ihm entgegen?
Beide Betrachtungsweisen haben einen Sinn: Zum einen sagt das Jesuskind: "Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach", zum anderen zeigt dieser
Jesusknabe, dass ein Prophetenwort in Erfüllung gegangen ist: "Er hat all unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich genommen ..., durch seine Wunden sind wir geheilt." - Jesus Christus ermutigt uns schon in der Gestalt eines Kindes: "Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig."
Über die Materialien der Jesuskinder haben wir noch gar nicht gesprochen. Die meisten Jesuskinder sind aus Wachs oder Holz. Mein eigenes Christkind im Pfarrhaus ist übrigens ein modernes aus dem 20. Jahrhundert: aus Plastik! - Und wäre es aus Elfenbein, jede Jesuskindfigur wird dem nicht gerecht, was "Fleischwerdung" - "Inkarnation" - bedeutet. Jesus Christus ist nicht Elfenbein geworden, nicht Holz und nicht Plastik; Er ist das "Material" geworden, aus dem wir bestehen: Fleisch und Blut.
Figuren können immer nur andeuten, worum es eigentlich geht: um die Menschwerdung des göttlichen Wortes, um die Erlösung des Menschen und die Liebe zu Gott, um die Botschaft, die mit diesem Kind verbunden ist:
"Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade."
Amen.
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