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Allerseelen I
Lesung: 2 Makk 12, 43-45 |
Der Allerseelentag ist ein trauriger Tag. Wir gedenken unserer Verstorbenen, besuchen ihre Gräber und zünden an ihrer Ruhestätte ein Licht an. Auch das Erleben der herbstlichen Natur gehört zu diesem Tag: die herab fallenden Blätter, das tote Laub auf den Wegen, das Absterben der Natur.
All diese Eindrücke der Vergänglichkeit vermengen sich mit Erinnerungen an eine schöne Begebenheit, an ein beglückendes Erlebnis, eine Freundschaft, ja vielleicht an ein gemeinsames Leben mit einem Menschen, den wir durch den Tod verloren haben. Solche Erinnerungen an Menschen, die nicht mehr sind, gehören wohl zu den schönsten und tiefsten, aber zugleich zu den schmerzlichsten. Denn diese Begegnungen sind vorbei, dieses Erlebnis, dieses gemeinsame Leben gehört unwiderruflich der Vergangenheit an; - obwohl es unsere große Hoffnung ist, dass nichts umsonst war und dass alle beglückende Vergangenheit wieder Gegenwart wird in Gottes allumfassender Liebe.
An diesem Tag steht uns vor Augen, dass auch wir einmal nicht mehr sein werden. Allerseelen ist ein Tag der Besinnung: Ich besinne mich auf mein Leben, auf die Vergänglichkeit auch meiner Tage und damit auch auf den Sinn meines Lebens. Wozu? Wohin? ...
Alle Religionen, Philosophien und Ideologien kreisen um das Problem der Vergänglichkeit, des Todes und der Sinnhaftigkeit und versuchen, dem Menschen durch eine Antwort Halt zu geben.
Welche Antwort gibt nun das alttestamentliche Gottesvolk auf die Frage nach dem Tod?
Israel hat Gott stets erkannt als den ihren, der sie führt, der für sie sorgt, für sie kämpft, sie befreit und errettet aus der Gefangenschaft der Feinde. Das Gottesvolk hat erfahren und bekennt: Gott ist treu. - Wenn sich nun Gott um den Menschen so annimmt, lässt er ihn im Tod dann ganz verloren sein? Ist mit dem Tod dann alles aus? - Nein! - Schon im Alten Testament ist dieser Glaube grundgelegt: Gott ist treu auch über den Tod hinaus!
Der Glaube an Gottes Treue und die Auferstehung der Toten bestätigt sich schon im Alten Testament durch die menschliche Erfahrung der Selbstmitteilung Gottes und die Hoffnung, die daraus hervorgeht. Im Glauben an die Auferstehung begegnen einander Menschliches und Göttliches: die menschliche Erfahrung, Hoffnung und Sehnsucht, die über den Tod hinaus verlangt, und die Führung und Selbstmitteilung Gottes, die sich dieser menschlichen Erfahrung mitteilt und sie überhaupt erst möglich sein lässt.
"Das Verlangen nach Gott ist dem Menschen ins Herz geschrieben, denn der Mensch ist von Gott und für Gott geschaffen. Gott hört nie auf, ihn an sich zu ziehen. Nur in Gott wird der Mensch die Wahrheit und das Glück finden, wonach er unablässig sucht".
Der Glaube an die Auferstehung ist ein Geschenk des sich offenbarenden Gottes.
In Jesus Christus findet dieses Zusammentreffen von Menschlichem und Göttlichem seinen Höhepunkt. Aller menschlicher Sehnsucht und Hoffnung kommt entgegen die unüberbietbare Offenbarung der totalen Hingabe. In Jesus Christus läuft alles zusammen zur Gewissheit und Heilswirklichkeit: Ja, es gibt ein Leben nach dem Tod, es gibt Auferstehung, der Tod ist nicht das Letzte. Gott ist treu auch über den Tod hinaus!
An die Auferstehung glauben heißt, sich diesem Jesus Christus anheim geben, auf Gottes Treue vertrauen, auch in der Ohnmacht des Todes.
Durch den Glauben an die Auferstehung können auch wir treu sein. Wir können über den Tod hinaus mit unseren Verstorbenen verbunden sein, sie weiterhin lieben. Zwischenmenschliche Treue bricht mit dem Tod nicht ab. Im Gegenteil. Wir sind weiterhin füreinander und miteinander da. Wir sind es durch Gebet, Gedanken und Verbundenheit, die Verstorbenen werden uns Fürsprecher und "den Engeln gleich" Beschützer sein.
So wollen wir am heutigen Tag nicht nur für die Verstorbenen beten, sondern im Geiste auch zu und mit ihnen, in dem Glauben, ja in der Gewissheit, dass der Tod uns nicht trennt, sondern Tür zur ewigen Herrlichkeit ist, durch die auch Christus gegangen ist, der dadurch selbst für uns zur Tür geworden ist.
Als Christen brauchen wir keine Angst zu haben vor dem Tod, wir gehen gläubigen Herzens ihm entgegen, und sehen ihn als Übergang zu Neuem, so wie Jesus vor sich gesehen hat die Herrlichkeit des Vaters.
Ich erinnere mich an ein bekanntes Wort des heiligen Franz von Sales: "Die Zeit, Gott zu suchen, ist dieses Leben, die Zeit, ihn zu finden, ist der Tod, die Zeit, ihn zu besitzen, ist die Ewigkeit."
Was wäre ein ständiges Suchen, ein Leben ohne Tod?
Wenn wir den Tod wirklich als Hinübergang zum Vater vor uns sehen, so ist er Gnade, Geschenk, Liebeserweis Gottes, in dem er uns aufnimmt in sein ewiges Reich, er selbst uns unverborgen gegenübertritt und uns eins werden lässt mit sich und all den Seinen und so das Heilswerk in sich zur Vollendung bringt, das er an jedem von uns begonnen hat.
Damit ist Allerseelen nicht nur ein Tag der Trauer und Besinnung, er ist auch Feiertag: Wie feiern die Liebe Gottes, die stärker ist als der Tod, die Treue Gottes, die sich über den Tod hinaus bewährt; wir feiern das Geheimnis von Tod und Auferstehung, das sich in Jesus uns eröffnet.
Lassen wir das Licht, das wir am Friedhof entzündet haben, nicht nur Grablicht sein, ein Zeichen des Gedenkens, es soll vielmehr auch ein Licht des Glaubens an die Auferstehung sein, an Christus, der das Licht und Leben ist.
"Deinen Tod, o Herr, verkünden wir,
und deine Auferstehung preisen wir,
bis du kommst in Herrlichkeit."
Amen.
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